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Konflikt zwischen Interessengruppen in Familienunternehmen: Wie gelingt die Mediation?

Wenn Differenzen in Familienunternehmen eskalieren, leidet über kurz oder lang auch das Geschäft. Eine Lösung solcher Konflikt ist indes oft schwierig, auch weil familiäre Beziehungen meist sehr komplex sind. Abhilfe bieten Wirtschaftsmediationen. Aber dafür braucht es nicht nur die Bereitschaft aller, den Konflikt tatsächlich beizulegen, weiß unser Experte für Krisen- und Veränderungsmanagement.

Wie löst man einen Konflikt zwischen Interessengruppen in Familienunternehmen?

Das Konfliktpotenzial scheint bei Familienunternehmen besonders groß zu sein. Jedenfalls deutet darauf eine Vielzahl prominenter Fälle hin, etwa das Zerwürfnis zwischen den Turnschuhfabrikanten Rudolf und Adolf Dassler oder der heftige Streit um die Unternehmensnachfolge beim Bremer Kaffeeröster J. J. Darboven.

Eine Schlichtung ist oft schwierig. Denn die eigentlichen Ursachen solcher Konflikte liegen meist weit zurück. Und die verwickelten Beziehungen zwischen Familienmitgliedern führen selten zu einer Entspannung der Lage, dafür umso häufiger zu einer Eskalation. Entsprechend schnell sind die Fronten verhärtet.

Und das macht solche Konflikte für das Unternehmen so gefährlich.

Wie kann man Konflikte dieser Art lösen? Im Rahmen eines Mediationsverfahrens gehe ich folgendermaßen vor:

  1. den Mediationsbedarf klären
  2. die Bereitschaft zu einer Lösung feststellen
  3. die Einzelinteressen klären
  4. das klärende Grundsatzgespräch planen
  5. das Ziel des Grundsatzgesprächs gemeinsam festlegen
  6. das Meeting nachbereiten

Was ich damit im Einzelnen meine, führe ich unten aus. Vorab nur so viel: Es handelt sich nur um eine Skizze ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Und ich möchte nicht suggerieren, der von mir favorisierte Lösungsweg wäre der einzig richtige.

Allerdings hat sich der Weg bewährt: Nach diesem Vorgehen habe ich schon öfters Mediationen durchgeführt und die unterschiedlichsten Interessengruppen zu einer einvernehmlichen Lösung geführt – ohne langwierige und kostspielige juristische Auseinandersetzungen.

1. Den Mediationsbedarf klären

Nicht jeder Konflikt braucht ein förmliches Mediationsverfahren.

Deshalb ist zunächst zu klären, ob der Aufwand sich überhaupt lohnt: Sind die Konfliktlinien wirklich so verhärtet? Ist kein Ausweg in Sicht? Oder kann man den Streit beilegen, wenn man sich gewissermaßen formlos ausspricht, vielleicht mithilfe Dritter.

Um den tatsächlichen Bedarf zu klären, tausche ich mich im Vorfeld in persönlichen Gesprächen aktiv mit den Parteien aus. So haben sie Gelegenheit, ihre Standpunkte ausführlich – und emotional – darzulegen.

2. Die Lösungsbereitschaft feststellen

Selbst wenn sich im Verlauf der persönlichen Vorgespräche herausstellt, dass die unterschiedlichen Sichtweisen so verhärtet sind, dass nur ein förmliches Mediationsverfahren Abhilfe schaffen wird:

Die Mediation wird nur Erfolg haben, wenn alle Parteien tatsächlich an einer Lösung interessiert sind.

Auch das ist im Vorfeld zu klären.

3. Einzelinteressen klären

Der dritte Punkt, der in den persönlichen Vorgesprächen diskutiert werden sollte, betrifft die alles beherrschende Frage: Wie soll es ohne Streitigkeiten und unnötigen Auseinandersetzungen, Verschwendung von Ressourcen oder womöglich Gerichtsverfahren weitergehen?

Entscheidend sind dabei die jeweiligen Einzelinteressen. Um diese zu klären, spreche ich typischerweise Themen wie diese an:

  • Wo stehen wir?
  • Was wĂĽnschen die einzelnen Parteien und warum?
  • Was wĂĽnschen diese nicht und warum?
  • Wie verhindern wir, dass sich die derzeitigen Verhandlungspositionen nicht auf das operative Geschäft der Unternehmung negativ auswirken und Stakeholder – wie Mitarbeiter und Kunden – verunsichern und belasten?

Indem man die jeweiligen Interessen festhält, bekommt man erste Anhaltspunkte dafür, wie eine Lösung aussehen könnte. Und man kann das Grundsatzgespräch so vorbereiten, dass Nebenkriegsschauplätze wie bloße Vermutungen, Gerüchte oder Streitigkeiten und Schuldzuweisungen aus der Vergangenheit umschifft werden.

4. Das Grundsatzgespräch planen

Zur Erarbeitung einer gemeinsamen Lösung terminiere ich zusammen mit allen Interessengruppen ein Grundsatzgespräch. Das Gespräch sollte maximal zwei bis drei Stunden dauern und an einem neutralen Standort stattfinden, der für alle Beteiligten verkehrstechnisch günstig gelegen ist.

Ein Mediationsgespräch sollte genau geplant sein und die Agenda mit einem Vorlauf von einigen Wochen an die Teilnehmer versandt werden. So vermeidet man den Eindruck, eine der Parteien zu bevorzugen.

Die Gespräche plane ich üblicherweise so:

  1. BegrĂĽĂźung mit Vorstellung der Teilnehmer. Festlegung der Spielregeln. Kurzes Warm-up zur Schaffung eines positiven Arbeitsklimas
  2. Klärung der Erwartungshaltungen an das Meeting
  3. Klärung der Ziele und Nicht-Ziele des Meetings
  4. Diskussion zentraler Themen
  5. Reflexion und Zusammenfassung des Meetings
  6. Festlegung der nächste Schritte

5. Das Mediationsgespräch leiten

Die eben genannte Agenda setze ich als Mediator folgendermaĂźen um:

BegrĂĽĂźung

Nach einer Begrüßung sowie der Vorstellung der Teilnehmer kläre ich die Spielregeln des Schlichtungsmeetings.

Diese fixieren zum einen erwartete Verhaltensweisen wie

  • andere ausreden zu lassen,
  • sachlich und ohne persönliche Angriffe zu diskutieren,
  • nicht abzuschweifen oder lange Monologe zu fĂĽhren und
  • keine separaten Gespräche zu fĂĽhren oder elektronische Medien zu nutzen.

Kurzum: ein zielorientiertes, sachliches Arbeitsgespräch zu führen.

Die Spielregeln halten aber auch eine Art Geschäftsordnung fest, also Regeln wie diese:

  • Wer bekommt wie, wann und wieviel Redezeit?
  • Wie kann man aus dem Gespräch aussteigen?
  • u. Ă„. m.

Anschließend versuche ich, die Aufmerksamkeit vom Individuum auf die Gruppe zu lenken – mit einem Warm-up zu einem speziellen Thema, das nicht länger als fünf Minuten dauert.

Erwartungshaltungen klären

Das Abfragen der Erwartungen, die die Teilnehmer an das jeweilige Meeting richten, ist für den Erfolg essenziell – aus mehreren Gründen:

  • Jeder soll sich äuĂźern und in das Gespräch einsteigen.
  • Mit dem Abfragen der Erwartungen kann ich den Fokus ausschlieĂźlich auf das aktuelle Meeting legen, nicht etwa auf WĂĽnsche fĂĽr die Zukunft.
  • Nur jemand, der seine Erwartungshaltung abgibt, kann das Meeting später aktiv reflektieren.

Und der wohl wichtigste Grund:

  • Wechselseitiges Verständnis hängt in hohem MaĂźe von Erwartungen ab.

Diese stehen aber oft im Hintergrund, sind verborgen. Macht man sie explizit, ist das ein Schritt in Richtung Objektivität: Jeder weiß, was der andere erwartet, und dieses gemeinsame Wissen bildet eine gemeinsame Grundlage.

Die Ziele und Nicht-Ziele des Meetings festlegen

Ebenso essenziell für den Erfolg eines jeden Konfliktlösungsmeetings ist es, das Ziel sowie das Nicht-Ziel des Meetings festzulegen.

Denn mit dem Ziel legen wir den Grundstein: Wir fĂĽhren uns vor Augen, was wir am Ende des Meetings erreicht haben wollen. Mit dem Nicht-Ziel determinieren wir dagegen den Spielraum der Diskussionen. So bleiben wir eng am Thema dran.

Die zentralen Themen diskutieren

Das Ziel meiner Mediation ist die einvernehmliche Beilegung eines Konflikts.

Deshalb führe ich die Diskussion entlang der festgelegten Agenda – als von den Interessengruppen unabhängiger Moderator, der für niemanden Partei ergreift, auf die Einhaltung der Spielregeln achtet und den Teilnehmern das Wort ergreift.

Und ich dokumentiere deren Stellungnahmen sowie mögliche Szenarien und Eckpunkte einer Konfliktbeseitigung, die sich daraus ableiten lassen, einvernehmlich auf Flip-Chart-Unterlagen.

Reflexion und Zusammenfassung des Meetings

Am Ende aller größeren und wichtigen Meetings wende ich retrospektive Methoden an. Denn das Abfragen des Grades, in dem die Erwartungen der Teilnehmer an das Meeting erfüllt worden sind, sowie eine generelle Reflexion des Meetings helfen bei der professionalisierten Gestaltung solcher Grundsatzgespräche – und sind Anstoß für kontinuierliche Verbesserungen und neue Zielsetzungen.

Umgekehrt sollen die Teilnehmer wiederkehrender Meetings auch meine Leistung als Moderator nach festen Kriterien bewerten. Das hilft, Moderationen und Mediationen effizienter, effektiver und entscheidender zu gestalten.

Das Ergebnisprotokoll fasst alle wichtigen Punkte und Aussagen des Mediationsmeeting einvernehmlich zusammen. Im Bedarfsfall dokumentiert es zudem mit persönlichen Unterschriften auf dem Flip-Chart-Protokoll auch das Commitment aller Beteiligter.

Übrigens bietet sich bei Regelmeetings, von denen die Mitarbeitenden des Unternehmens wissen, ein Kommunikations-One-Pager an, der für interne Dritte die wichtigsten Punkte festhält. Die interne Kommunikation bekommt so einen Fixpunkt, um den sie sich dreht: Alle sprechen über dasselbe!

Festlegung der nächsten Schritte

Zum Abschluss legen die Teilnehmer gemeinsam die nächsten Schritte mit

  • Verantwortlichkeiten,
  • Teilzielen,
  • Terminen,
  • Ressourcen und
  • dem Folgetermin

fest.

6. Das Meeting nachbereiten

Ziel der Nachbereitung ist die konsequente Umsetzung der nächsten Schritte. Außerdem soll in Form regelmäßiger proaktiver Kommunikation an die Interessenvertreter Transparenz über den Fortschritt bei der Umsetzung geschaffen werden – und damit über den Fortschritt bei der Lösung des Konflikts.

Fazit: Alle Interessengruppen müssen eine Lösung wollen

Konflikte in Familienunternehmen lassen sich mit einem förmlichen Mediationsverfahren lösen.

Ein solches Verfahren funktioniert, weil es in einer idealen Gesprächssituation abläuft: Es stellt einen neutralen Gesprächsraum bereit, regelt den Umgang miteinander, steckt Ziel und Grenzen der Diskussion ab und legt verborgene Annahmen offen, die Wertungen oft unbewusst beeinflussen.

Und doch kommt es letzten Endes immer auf Folgendes an: Alle Parteien müssen eine Lösung wollen.