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Wie kann man sein Food-Produktportfolio standardisieren?

Die Standardisierung eines Food-Produktportfolios wird nicht selten kritisch gesehen, trotz der Aussicht auf Kostensenkungen, kürzere Time-to-Market und Wachstum. Bei der Umsetzung kommt es daher nicht nur darauf an, das Vertrauen der Stakeholder zu gewinnen.

Wie kann man sein Food-Produktportfolio standardisieren?

Die Standardisierung eines Food-Produktportfolios ist eine signifikante Veränderung für ein Unternehmen in der Lebensmittel- oder Getränkeindustrie.

Und zwar umso mehr, wenn nicht nur ein nationales Portfolio standardisiert werden soll, sondern ein internationales, und wenn nicht nur einzelne Produkte, sondern auch die Rezepturen, die Anzahl der Ingredienzien bzw. Zusatzstoffe, und wenn nicht nur die Verpackungen, sondern auch das Design oder Artwork auf dem Prüfstand stehen.

Die Sichtweise darauf ist deshalb sehr unterschiedlich, sowohl in einzelnen Abteilungen als auch in den Ländern, in denen ein Hersteller tätig ist.

In der Regel sind herstellungs-, supply chain- und entwicklungsnahe Abteilungen für eine Standardisierung und Vereinfachung des Portfolios. Denn ihr Blick richtet sich sehr stark auf die Ressourcen, die für den Wertschöpfungsprozess einzusetzen sind. Von einer Standardisierung versprechen sie sich mehr Raum für Innovationen in Konzept und Strategie, aber auch eine Verbesserung der Prozesse in Entwicklung und Produktion sowie der Time-to-Market, und letztlich eine Senkung der Kosten.

Demgegenüber fokussieren Marketeers und Vertriebler sowie die in anderen Ländern tätigen Teile des Unternehmens ihren Blick stärker auf die Verbraucher und den Markt:

Marketeers und Vertriebler wollen weder Regalplatz noch Umsatz gefährden und weiterhin die Wünsche von Nischenkunden bedienen können, weshalb sie komplexere Food-Portfolios nicht selten positiver beurteilen.

Und der länderspezifische Einwand gegen eine Standardisierung des Produktportfolios, zumal in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, ist häufig:

Einer Standardisierung stimme ich grundsätzlich zu, doch bei uns ist alles anders.

Eine Standardisierung wird an Entscheidungen aus der Vergangenheit rütteln und gewohnte Verhaltensweisen in Frage stellen. Erhebliche Reibung ist deshalb zu erwarten.

Aber diese Reibung ist positiv zu bewerten, weil sie zwei elementare Fragen stellt:

  1. Welches Maß an Portfoliostandardisierung ist sinnvoll, stiftet also mehr Nutzen als Kosten?
  2. Ab wann verfehlt eine Standardisierung die Bedürfnisse der Märkte und Kunden?

Anders gesagt: Ein standardisiertes Produktportfolio bringt das gesamte Unternehmen zusammen und stellt viele abteilungs- und länderspezifische Überzeugungen in Frage.

Das erfordert gleichermaßen Führung und Zusammenarbeit.

Ein Standardisierungsprojekt muss deshalb auf die vielfältigen Herausforderungen und Stolpersteine vorbereitet sein, um die Früchte der Vereinfachung zu ernten:

  • Unverständnis und grundsätzlicher Widerstand bei vielen Beteiligten,
  • der Versuch der Beeinflussung der Entscheidungsträger und Stakeholder,
  • fehlende Kooperation,
  • schlechte inhaltliche Vorbereitung der Empfehlungen und Entscheidungen,
  • Infragestellung der Entscheidungen und Empfehlungen,
  • der Versuch, Sonderbehandlungen zu erreichen,
  • Kritik an einer intransparenten und unverständlichen Kommunikation.

Dazu aber auch:

  • das Unwissen und das Unverständnis über die Benefits eines vereinfachten Portfolios.

Wie sollten Sie also vorgehen, um Ihr Food-Portfolio erfolgreich zu standardisieren? Meiner Erfahrung nach haben sich folgende sieben Schritte bewährt:

  1. Bestimmen Sie die Folgen einer Portfoliostandardisierung
  2. Kommunizieren Sie die Zielsetzung des Projekts
  3. Definieren Sie klare Zuständigkeiten
  4. Definieren Sie die Projektschritte zur Entscheidungsfindung
  5. Erarbeiten Sie die Projektentscheidungen
  6. Planen Sie die Implementierung der Projektentscheidungen
  7. Kontrollieren Sie den Erfolg der Umsetzung

1. Bestimmen Sie die Folgen einer Portfoliostandardisierung

Idealerweise startet das Projekt mit einer Vorabeinschätzung der positiven Folgen, die eine Portfolio-Standardisierung auf die Lebensmittel bzw. die Lebensmittelverarbeitung und Qualität, auf die Time-to-Market, die Produktionskosten und das Wachstum hätte.

Aus dieser noch groben Analyse entsteht die Zielsetzung für das Projekt und die Strategie, diese Ziele umzusetzen. Erfahrungsgemäß ist eine Zielsetzung einer Vereinfachung des Portfolios von 50 Prozent nicht nur möglich, sondern fördert auch den Prozess der Entscheidung.

2. Kommunizieren Sie die Zielsetzung des Projekts

Die Unternehmensführung sollte die Zielsetzung und Strategie des Projekts das gesamte Projekt hindurch konsequent unterstützen. Das bedeutet vor allem eine Kommunikation der Ziele, die mit den oben erwähnten Vorbehalten oder Einwänden rechnet.

Idealerweise werden die Zielsetzungen des Projektes Teil der Zielsetzungen der Beteiligten und damit Teil ihrer Boniberechnung. So wird sichergestellt, dass sozusagen alle Mann und Frau an Bord sind.

3. Definieren Sie klare Zuständigkeiten

Zuständigkeiten sollten so früh wie möglich klar definiert werden, mit Roles & Responsibilities für Stakeholder, Entscheider, Projektleiter, Portfolio-Verantwortliche und andere Projekt-Mitglieder.

Ist doch eine Portfoliostandardisierung ein herausforderndes Projekt, das nur bei klarer Strukturierung zu einem Erfolg wird, der die eingesetzten Ressourcen rechtfertigt.

Alle Verantwortlichen müssen dabei unbedingt die Fähigkeit haben,

  • klare Analysen durchzuführen,
  • abteilungsspezifische Expertise einzubringen und
  • anderen zuzuhören, um klare Empfehlungen zu erarbeiten und Entscheidungen zu treffen.

Unverzichtbar sind schließlich auch

  • ein Verständnis dafür, wie wichtig Vertrauen in das Projektteam ist, sowie
  • das Stehvermögen,
    • alle Aufgaben termingerecht zu erledigen,
    • richtige Entscheidungen zu verteidigen und
    • sich mit allen Beteiligten abzustimmen.

4. Definieren Sie die Projektschritte zur Entscheidungsfindung

Der Ablauf des Projektes mit seinen einzelnen Projektschritten muss klar definiert und für alle Beteiligten transparent sein. Diese Schritte lassen sich grob mit folgenden Meilensteinen markieren:

  1. die Festlegung der Entscheidungskriterien,
  2. die Analyse des Portfolios,
  3. die Erarbeitung der Empfehlungen für die Portfoliostandardisierung und schließlich
  4. die Portfoliovereinfachung mit den Portfolioverantwortlichen zu vereinbaren.

Zur Definition und Beschreibung der einzelnen Schritte sind immer auch folgende Fragen zu klären:

  • Wer hat bis wann welchen Beitrag zu leisten?
  • Wie werden die Stakeholder, das Steering Committee, die Projektmitglieder und vor allem die Portfolioverantwortlichen informiert?

Vertrauensstiftung fängt bereits hier an.

5. Erarbeiten Sie Projektentscheidungen

Die Erarbeitung der Projektentscheidungen entlang der obengenannten Schritte sieht in der Regel folgendermaßen aus:

1. Die Entscheidungskriterien für die Portfolio-Standardisierung festlegen

Der erste Schritt ist die Festlegung der Entscheidungskriterien für die anvisierte Portfolio-Standardisierung. Diese Kriterien bestehen in einer Antwort auf die Frage, was eine Standardisierung und Angleichung des Produkts einschließlich der Vorprodukte und Verpackungen rechtfertigt.

Anhand dessen lässt sich entscheiden, ab welchem Punkt auf das bestehende Produkt, sei es hinsichtlich der Rezeptur oder hinsichtlich der Ingredienzen und Zusatzstoffe, oder auf die bestehende Primär-, Sekundär- oder Tertiär-Verpackung verzichtet werden sollte.

Dieser Punkt ist dann gegeben, wenn die Differenzen im Portfolio

  • entweder irrelevant wären und daher nivelliert werden könnten,
  • oder für den Verbraucher Vorteile brächten, die größer als die Kosten wären, die die Komplexität des Portfolios verursacht.

2. Analysieren Sie das Portfolio

Die Analyse des vorhandenen Portfolios ist der zugleich wichtigste und umfassendste Teil des gesamten Standardisierungsprojekts.

Gemäß des Prinzips Quality in – Quality out beruht die Qualität der Analyse zunächst einmal auf der Vorarbeit der Portfolioverantwortlichen, also der Bestimmung des aktuellen sowie des geplanten Portfolios.

Die Länderverantwortlichen sind dabei so gut zu briefen, dass sie ihre Zeit, Energie und Motivation nicht über die Maßen für die Bereitstellung der Portfolioinformationen aufwenden müssen. Natürlich müssen die Länderportfolios zum Start der Analyse komplett und korrekt dem Projektteam vorliegen. Aber ein lückenhaftes Briefing wäre nicht nur ineffizient, sondern vor allem auch wenig vertrauensbildend.

Auf dieser Vorarbeit baut wiederum die Basisarbeit des Projektteams auf. Die Projektmitglieder sind dabei in hohem Maß gefordert. Sie suchen nach Antworten auf Fragen wie:

  • Wie sieht das Portfolio im Einzelnen aus?
  • Welche Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen den Länder-Portfolios gibt es?
  • Welche Segmentierungen eignen sich zur Strukturierung des Portfolios?

Der Umfang dieser Aktivitäten hängt natürlich einmal von der Zielsetzung des Gesamtprojektes ab. Relevant ist zum anderen die Auswahl der zu berücksichtigenden Portfoliobestandteile, etwa Produkte inklusive der Rezepturen und Ingredienzien oder Verpackungen mit Design und Artwork.

Auch in dieser Phase bietet es sich an, die Portfolioverantwortlichen aus den Ländern nach ihrer Sicht auf das Portfolio und die Erfolgsfaktoren in ihren Märkten zu fragen – wodurch im Übrigen auch ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt des Projekts entsteht: neue Einsichten zum Portfolio als Ganzem. Jeder wird zum Teil noch erheblich dazulernen können, und womöglich führt der Austausch auch zu einer Überarbeitung der Entscheidungskriterien.

3. Empfehlungen für die Portfoliostandardisierung erarbeiten

Der dritte Schritt, die Formulierung von Empfehlungen für die Portfoliostandardisierung, baut ganz wesentlich auf den ersten beiden Meilensteinen, der Festlegung der Entscheidungskriterien sowie der Portfolio-Analyse, auf.

Ist es nämlich bei der Portfolio-Analyse gelungen, die Segmentierungen des Portfolios so zielführend aufzubereiten, dass die Entscheidungskriterien ohne Weiteres anzuwenden sind, steht einer Ableitung von Empfehlungen für die Portfoliostandardisierung nichts mehr im Wege.

4. Die Portfoliovereinfachung vereinbaren

Die letzte Herausforderung besteht darin, die Portfoliovereinfachung mit den Portfolioverantwortlichen, häufig Marketeers aus den Ländern, zu vereinbaren.

Hier kommt es zum finalen „Schwur“, und deshalb sollte man diesen Schritt mit allen gemeinsam, also Face-to-Face, gehen.

Das hat eine Reihe von Vorteilen:

  • Die Projektleitung kann bei diesem wichtigen Schritt Regie führen.
  • Sie kann ihre Expertise demonstrieren und ihre Autorität sichern.
  • Sie kann die Regeln für die Standardisierung nochmals erläutern und nachvollziehbar vorführen.
  • Nicht unwichtig ist hier auch eine taktische Flexibilität, sowohl mit Blick auf die gesetzten Projekt-Ziele als auch auf die konkrete Kompromissbereitschaft der Länder: Geht es doch um eine Portfoliovereinfachung, die am Ende von allen mitzutragen ist. Haben Portfolioverantwortliche bei einigen Empfehlungen berechtigte Einwände, sollte der Bogen nicht überspannt werden. Auch die Projektleitung kann und wird sich irren. Gefragt ist hier schnelle Lernfähigkeit aufseiten der Projektleitung.

Das Ergebnis der Abstimmung bzw. Vereinbarung ist die sog. Positivliste.

Das Vertrauen in die Projektleitung bzw. in die Marktgerechtigkeit der Entscheidungen hängt am Ende auch davon ab, wie die Ergebnisse erzielt worden sind: Resultieren die Entscheidungen aus einer nachvollziehbaren Ableitung aus den Entscheidungskriterien? Und wurden alle relevanten Bedenken aus den Ländern zumindest gehört und die Entscheidung nachvollziehbar einbezogen?

Das ist wichtig, denn dieses Vertrauen in die Güte der Entscheidung wird erheblichen Einfluss auf den nächsten Schritt haben: die Implementierung.

6. Planen Sie die Implementierung der Projektentscheidungen

Parallel zur Definition und Erarbeitung des neuen Portfolios, also der Positivliste, ist die Implementierung der Projektentscheidungen zu planen.

Denn die Existenz der Positivliste ist nur der erste, wenn auch notwendige Schritt für die Umsetzung einer Portfoliostandardisierung: Kann man doch erst nach einer erfolgreichen Implementierung einen Vorteil aus den Resultaten ziehen.

Daraus wird ein eigenständiges Teilprojekt mit eigenem Konzept, eigener Strategie und eigenem Zeitplan. Die Projektstruktur ist dementsprechend neu zu überdenken, die Projektbeteiligten neu festzulegen.

Hier gilt es, gedanklich Folgendes zu trennen: die eigentliche Entscheidung, das Food-Portfolio zu standardisieren, sowie deren zeitliche Umsetzung. Es geht also um Fragen wie

  • Was ist der richtige Weg, die richtige Reihenfolge und der richtige Zeitpunkt für die Umsetzung der einzelnen Veränderungen?
  • Wie können die verschiedenen Potenziale und Interessen von Supply Chain und Absatzteam optimal verknüpft werden?

7. Kontrollieren Sie den Erfolg der Umsetzung

Nun sind alle relevanten Entscheidungen getroffen – das Feld ist bereitet, und die Saat ist ausgebracht.

Geerntet wird allerdings nur, wenn der plangemäße Fortschritt der Implementierung auch kontrolliert und damit sichergestellt wird. Das Controlling sollte entlang von Fragen wie diesen eingerichtet werden:

  • Halten sich alle Beteiligten, insbesondere die Portfolioverantwortlichen, an die Vorgaben, und setzen sie um, wozu sie sich verpflichtet haben: inhaltlich und zeitlich?
  • Welche Herausforderungen sind bei der Umsetzung zum Vorschein gekommen? Mit welchen Lösungen lassen sie sich bewältigen?
  • In welchem Maße stellen sich die Benefits ein, die man sich von der Strategie einer Portfoliostandardisierung versprochen hat?
  • Zeigen sich vielleicht zusätzliche Vorteile?
  • Wie kann die Erfahrung und Expertise, die das Unternehmen ohne jeden Zweifel aus diesem Projekt ziehen wird, für andere Aktivitäten genutzt werden?

Diese qualitativen Fragen lassen sich teils quantifizieren und in KPIs fixieren. Wo nicht, sollten sie in der Projektleitung regelmäßig diskutiert werden.