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Wie kann man Unternehmensprozesse digitalisieren?

Die aktuellen Dauerkrisen erschüttern nicht nur alte Gewissheiten, sondern erfordern oft auch eine Anpassung von Geschäftsmodellen und -prozessen. An der Digitalisierung von Geschäftsprozessen kommt man dabei nicht vorbei. Aber die Umsetzung ist bekanntlich tückisch – und lässt gerade mittelständische Unternehmen zögern. Das muss nicht sein, erklärt unser Industrie 4.0-Spezialist.

Wie digitalisiert man Geschäftsprozesse?

Es wird höchste Zeit: Seit über zehn Jahren sprechen und schreiben wir über die digitale Transformation. Und doch ist der Mittelstand noch nicht so weit.

Inzwischen häufen sich allerdings die Krisen. Unternehmen sehen sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert, von instabilen Lieferketten über steigende Energiepreise bis hin zu einem Mangel an qualifizierten Mitarbeitern und vieles andere mehr. Diese Lage findet inzwischen auch Eingang in die Lexika: 2022 kürte das Collins Dictionary „permacrisis“, das „an extended period of instability and insecurity“ meint, sogar zum Wort des Jahres.

Eine Folge der sich teils rasant verändernden Umfelder ist ein steigender Ergebnisdruck. Schaut man in die Bilanzen, sieht es oft sehr düster aus: Gewinne schrumpfen oder Unternehmen geraten jetzt in die roten Zahlen.

Abhilfe leisten kann da nur ein beherzter Blick auf die Geschäftsmodelle. Diese und die dazu gehörigen Geschäftsprozesse sind kritisch zu überprüfen – und ggf. an die sich wandelnden Umfelder und Situationen anzupassen.

An einer digitalen Transformation kommt dabei niemand mehr vorbei. Ermöglicht doch der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien diverse Optimierungen:

  • Kürzere Kommunikationswege beschleunigen Arbeitsabläufe.
  • Durch die Automatisierung oder Teilautomatisierung von Routineaufgaben haben Mitarbeiter mehr Kapazitäten für Aufgaben mit größerem Wertbeitrag.
  • Digitalisierte Prozesse liefern Daten für belastbare Prognosen und beschleunigen so die Entscheidungsfindung.

Es geht also nicht um das „Ob“ oder „Wann", sondern um das „Wie“: Wie digitalisiert man zentrale Unternehmensprozesse?

Prozessmanagement ist Grundlage für Digitalisierung von Unternehmensprozessen

Das Erste ist: Für die Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse muss dringend die „Prozesslandkarte“ des Unternehmens betrachtet werden.

Da reicht die Prozesslandkarte aus dem Qualitätsmanagement früherer Zeiten nicht mehr aus: Sie ist meist zu oberflächlich, meist ist sie nicht einmal mit den beteiligten Mitarbeitern erstellt worden. Solche Prozesslandkarten sind für eine Digitalisierung überhaupt nicht tauglich: Es fehlen konkrete und systematische Beschreibungen – und vor allem Daten und Dokumente.

Prozessmanagement ist somit leider oft ein Fremdwort oder ein „Unwort“ in den Unternehmen. Es wird zwar immer über „unsere“ Prozesse gesprochen; es wird in den Unternehmen nicht „gelebt“. Aber was das wirklich bedeutet und was dann geleistet werden muss, ist vielerorts unbekannt.

Eine konsequente Beschäftigung mit diesem Thema schafft dagegen viele Möglichkeiten, auch weil das Prozessmanagement eine unbedingte Grundlage für die Automatisierung und Digitalisierung von Unternehmensprozessen ist.

Die meiner Erfahrung nach wichtigsten vier Schritte dabei sind folgende:

1. Führen Sie eine IST-Prozessmodulation durch

Für eine Digitalisierung der Unternehmensprozesse ist zunächst eine gründliche IST-Prozessaufnahme, eine IST-Prozessmodulation, notwendig. Diese muss systematisch, sorgfältig und detailliert durchgeführt werden.

Das heißt: Die Aufnahme sollte unbedingt in persönlichen und fachkundigen Interviews mit den beteiligten Mitarbeiter erfolgen. Diese müssen zu Beginn der Prozessaufnahme sensibilisiert und mit ins Boot geholt werden.

Bei den Interviews sollen die einzelnen Prozessaktivitäten sowie Eingangs- und Ausgangs-Zustände erfasst und dokumentiert werden. Neben der verbalen Beschreibung der Elemente eines Prozesses müssen auch die kennzeichnenden Daten und Dokumente aufgenommen werden. Die sind für die spätere Automatisierung und/ oder Digitalisierung unabdingbar.

2. Dokumentieren Sie Ihre Prozesse mit der BPMN 2.0

Für die Dokumentation der Prozesse sind Excel oder Visio heute nicht mehr wirklich nützlich. Erforderlich ist vielmehr ein Dokumentationstool, das Schnittstellen bietet, die sich für die weitere datentechnische Verarbeitung und somit als Grundlage für eine Automatisierung und Digitalisierung eignen.

Hier bietet sich die genormte BPMN 2.0 („Business Process Management Notation“) an. Dieses Tool ist heute webbasiert und benutzerfreundlich zu handhaben. Und es ermöglicht kollaborative Zusammenarbeit mit mehreren Teams.

Grundlage des BPMN-Tools ist eine zeichentechnische Darstellung mit „genormten“ Elementen. Prozesse lassen sich damit klar, eindeutig und systematisch beschreiben. Diese Tools haben genormte Schnittstellen für die Automatisierung und Digitalisierung.

Einordnung der eigenen Verantwortlichkeit führt zu neuen Sichtweisen

Die einzelnen Prozesse werden in sogenannte „Swimlanes“ dargestellt, in dem die jeweiligen Organisationseinheiten, wie z.B. Kunde, Vertrieb, Einkauf oder Produktion, angeordnet werden. So ist es möglich, letztendlich eine Prozesslandkarte End-to-End – vom Kunden zum Kunden – darzustellen.

Oft ist das für die Beteiligten fast schon wie eine Erleuchtung. Man sieht seine Tätigkeit bzw. Verantwortlichkeit nicht mehr isoliert, sondern als Teil eines Ganzen – eben dem Unternehmen und den Kollegen.

Das erzeugt neue Sicht- und Interpretationsweisen: Plötzlich gibt es Klarheiten und Zusammenarbeitsmöglichkeiten über die eigenen Tätigkeitsgrenzen hinweg.

3. Lassen Sie kleinere Teams die bestehenden Prozesse hinterfragen

In einem Folgeschritt sollten dann in kleineren Teams die einzelnen Arbeitsabläufe danach hinterfragt sind, ob sie

  • zweckmäßig,
  • effizient und
  • effektiv

sind. So entstehen sehr schnell Hinweise auf Prozessverbesserungen.

Allein diese Maßnahme ermöglicht schon früh deutliche Kostenreduzierungen und eine bessere Betriebssicherheit. Darauf aufbauend können dann kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) im Unternehmen implementiert bzw. intensiviert werden.

4. Digitalisieren Sie geeignete Unternehmensprozesse

Sobald alle Geschäftsprozesse, bei denen das sinnvoll und möglich ist, auf Optimierungen hin untersucht worden sind, kann mit der Digitalisierung begonnen werden.

Auch hierbei sollten die einzelnen Teams wieder ins Boot geholt werden. Als erstes bieten sich hier beispielsweise nämlich

  • die Einbindung des vorhandenen ERP (Enterprise Ressource Planning),
  • die Aktivierung eines gelebten Shopfloor-Managements und
  • die Konzeptionierung eines effizienten „Preventive Maintenance“ für einen reibungslosen Produktionsbetriebes an.

Darüber hinaus gibt es viele weitere Use Cases, die bei Industrie 4.0-Projekten schon erfolgreich umgesetzt wurden.

Vorteile lassen sich in fast allen Unternehmensteilen aus digitalen Arbeitsabläufen ziehen – angefangen beim Einkauf über die Konstruktion, die Produktion, den Vertrieb bis hin zum Service.

Es können auch Produktionsmaschinen in den Prozessen mit betrachtet werden: Selbst „ältere Maschinen“ können durch ein Retrofitting integriert werden.

Fazit: Einbindung von Mitarbeitern in allen Phasen essenziell

Mit der digitalen Transformation von Geschäftsprozessen werden mittelständische Industrieunternehmen flexibler, effizienter und entscheidungssicherer. Damit wird ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl im Leadership und der Unternehmensführung und den beteiligten Mitarbeitern geschaffen werden.

Damit das gelingt, ist es meiner Erfahrung nach entscheidend, in allen Phasen des Transformationsprozesses „Digitalisierung“ stets die bedteiligten Mitarbeitenden ins Boot zu holen und einzubinden. Denn

  • Geschäftsprozesse lassen sich im Rahmen der IST-Prozessmodulation nur mit dem Fachwissen und Erfahrungen der beteiligten Mitarbeiter systematisch und detailliert aufnehmen.
  • Einzelne Teams können ihre Prozesse mit den passenden Tools kollaborativ dokumentieren und so für die spätere Digitalisierung vorbereiten.
  • Dabei ergeben sich erste Hinweise auf mögliche Optimierungen.
  • Die Einbindung der Mitarbeiter ist schließlich auch bei der eigentlichen Digitalisierung unverzichtbar, um die neuen Arbeitsabläufe mit Leben zu füllen.

Diese nun begonnenen Veränderungsprozesse dürfen nie aufgehalten werden; denn die Möglichkeiten werden sich in der Zukunft exponentiell erweitern. Augen und Sinne auf!