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Was zeichnet eine erfolgreiche HR Due Diligence bei M&A aus?

Für viele ist die HR Due Diligence bei M&A nur eine Routineaufgabe mit Routinelösungen. Doch unterschätzen sie dabei, was eine moderne HR Due Diligence zum Erfolg eines M&A-Prozesses tatsächlich beiträgt – falls sie nämlich ihre Ziele konsequent konkretisiert und auch anspruchsvolle Personalthemen in den Blick nimmt. Wie das im Einzelnen geht, erklärt unsere Expertin.

1. Die Akquisitionsstrategie klären

Ausgangspunkt jeder strategieorientierten HR Due Diligence ist die Klärung der Akquisitionsstrategie.

Dient diese bspw. dem langfristigen Wissenstransfer aus dem Zielunternehmen oder handelt es sich um eine Restrukturierungsstrategie? Denkbar sind natürlich auch gemischte Integrationsstrategien, die vom jeweiligen Unternehmensbereich abhängig sind.

Auf alle Fälle ist es sehr wichtig, die Akquisitionsstrategie vorab zu klären. Erst dann werden nämlich die Ziele der HR Due Diligence konkretisiert.

2. Die Unternehmensorganisation analysieren

Sind die Ziele der HR Due Diligence konkretisiert worden, kann man sich an die Analyse der Unternehmensorganisation machen.

Vor dem Hintergrund der Akquisitionsstrategie ist die Bedeutung der einzelnen Unternehmensbereiche herauszuarbeiten und entsprechende Handlungsstrategien für die HR Due Diligence im Besonderen und die Due Diligence im Allgemeinen zu entwickeln und abzustimmen.

Dabei ist zunächst einmal die Ablauforganisation in den Blick zu nehmen: Sind Aufgabenverteilung und Abläufe effizient organisiert? Und wie wird im Unternehmen kommuniziert? Vor allem letzteres ist ein Indiz für den Reifegrad bzw. für Schwachstellen der Organisation als Ganze.

Zum anderen stellt sich hier die Frage, inwieweit Redundanzen bestehen, oder ob es vielmehr an Strukturen fehlt und es Schwachstellen gibt, die möglicherweise nach der Übernahme ggf. kostspielig durch Investitionen beseitigt werden müssten.

3. HR-Kennzahlen auswerten

Um sich ein Bild von den Mitarbeiterstrukturen zu machen, sollte man unbedingt die vorhandenen HR-Kennzahlen auswerten.

Eine solche Analyse ermöglicht nicht nur eine genauere Beurteilung der Mitarbeiter. Vielmehr lassen sich aus dem Zeitrahmen, in dem die HR-Kennzahlen erhoben worden sind, auch Rückschlüsse auf die Qualität bzw. den Reifegrad des HR-Controlling und der benutzten HRIS Software ziehen – ein wichtiger Datenpunkt für die Bewertung des Zielunternehmens und der Beurteilung möglicher Risiken.

4. Leistungsträger identifizieren

Nachdem die Unternehmensorganisation mitsamt der Verteilung der Aufgaben und der Ablauforganisation ermittelt worden ist, sollten als nächstes die Leistungsträger identifiziert werden.

Zu den typischen Fragen, die dabei zu klären sind, zählen etwa:

  • Wer sind die Leistungsträger?
  • Welche Aufgaben haben Leistungsträger und wie erfolgskritisch sind diese?
  • Werden Erfahrung und die Potenziale der Leistungsträger richtig eingesetzt oder gibt es einen Entwicklungsbedarf oder vielleicht sogar eine Entwicklungserwartung?
  • Gab es zuletzt eine hohe Abwanderung? Und falls ja, welche Ursachen für die Personalfluktuation lassen sich angeben und wie könnte einer Abwanderung zukünftig entgegenwirkt werden?

Außerdem sollte bereits während des Akquisitionsprozesses ermittelt werden, in welchen Unternehmensbereichen bzw. Abteilungen leistungsstarke Mitarbeiter fehlen.

Wenn nämlich wichtige Rollen unzureichend besetzt sind, sollten bereits während des Akquisitionsprozesses Lösungen zur Beseitigung der Schwachstellen erarbeitet werden, um nach der Übernahme schnell handlungsfähig zu sein.

5. Know-How im Unternehmen halten

Zu den Risiken einer Akquisition gehört der Wissensverlust durch Personalfluktuationen, vor allem, wenn diese Fluktuationen Schlüsselpositionen betreffen.

Deshalb müssen nicht nur Schlüsselpositionen frühzeitig ermittelt werden, sondern auch eine Analyse der potenziellen Ursachen für eine Abwanderung durchgeführt werden, wenn man Know-how und die entsprechenden Mitarbeiter im Unternehmen halten will.

Um Know-how im Unternehmen zu halten, stehen mindestens drei Instrumente zur Verfügung:

  1. Erstens sollte der Frage nachgegangen werden, welche Geheimhaltungsvereinbarungen bestehen und ob diese ausreichend sind. Eventuell können diese auch noch vor einer Übernahme angepasst werden.
  2. Zweitens sollten die Möglichkeiten einer Kompensation geprüft werden und finanziell im Rahmen der Akquisitionsplanung zu berücksichtigen.
  3. Drittens sollte ausgelotet werden, ob es notwendig ist, für einzelne Mitarbeiter besondere Anreize zu schaffen, das Unternehmen nach der Übernahme nicht zu verlassen, und wie diese gestaltet werden müssten.

Unabhängig von der Frage, wie ein Know-how-Abfluss verhindert werden kann, sollte die Untersuchung dieser Frage Anlass sein, die Arbeitgeberreputation insgesamt zu bewerten, um daraus ggf. nötige Anstrengungen abzuleiten sowie die dadurch entstehenden Kosten abzuschätzen.

6. Arbeitnehmervertretungen einbinden

Ein häufig unterschätztes Bewertungskriterium der HR Due Diligence ist die Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretungen. Denn schwierige Beziehungen zwischen Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretungen können die anstehende Veränderung unnötig in die Länge ziehen.

Deshalb ist zu prüfen, ob sich die Zusammenarbeit konstruktiv oder eher destruktiv gestaltet. Aufschluss darüber können beispielsweise die Häufigkeit von Gerichtsprozessen oder Einigungsstellenverfahren der Vergangenheit sowie aktueller Verfahren bieten, ferner die Intensität der gewerkschaftlichen Aktivitäten der Arbeitnehmervertretung. Häufig bieten auch Menge und Inhalt von betrieblichen Regelungen Aufschluss über die Zusammenarbeit.

Zudem sollte frühzeitig darüber nachgedacht werden, wann und wie die Arbeitnehmervertretung in den Akquisitionsprozess eingebunden wird und wer dies geeigneter Weise aufnehmen sollte. Dabei ist auch die Erwartungshaltung der Arbeitnehmervertretung zu verstehen und zu bewerten.

7. Arbeitsverträge und Kollektivvereinbarungen überprüfen

Wichtig ist zudem eine sorgfältige Prüfung vertraglicher Zusagen, etwa von Abfindungszusagen, die im Falle eines betriebsbedingten Wegfalls des Arbeitsplatzes oder einer Veränderung der Beteiligungsverhältnisse greifen würden.

Ebenso ist zu untersuchen, wie die Kündigungsfristen gestaltet sind, oder ob einzelvertraglich oder kollektivrechtlich sogar ein Ausschluss von Kündigungen zumindest für eine gewisse Zeit vorliegt, was geplante Restrukturierungen natürlich verzögern und damit verteuern würde.

Ein wichtiger Prüfungspunkt im Rahmen der monetären Bewertung ist zudem die Gestaltung von bestehenden Pensionsverpflichtungen. Hier stellt sich etwa die Frage, ob es nur ein bestimmter Beitrag vereinbart wurde oder eine feste Versorgungshöhe, wie diese gedeckt ist und wie sich solche Regelungen künftig ggf. ablösen lassen.

Auch die stehenden Vergütungsmodelle sind kritisch zu beleuchten:

  • Bestehen noch (Alt-)Verpflichtungen, z.B. aus Long Term Incentives?
  • Welchen Zweck verfolgen die Vergütungsmodelle eigentlich, und sind diese auch nach der Akquise noch sinnvoll?
  • Wie lassen sich die Regelungen ggf. künftig verändern?

8. Weiche Faktoren bei der HR Due Diligence berücksichtigen

Die weichen Faktoren, die bei der Bewertung der Human Ressource relevant sind, lassen sich bei einer Due Diligence meist nicht allesamt an den harten, beschriebenen Faktoren ermitteln.

Von großer Bedeutung ist daher, dass im Verlauf der HR Due Diligence ein Vertrauensverhältnis zu den HR-Verantwortlichen des Zielunternehmens, inklusive der Arbeitnehmervertretung, aufgebaut wird – idealerweise durch das eigene Kommunikationsverhalten und in wertschätzenden Expertengesprächen.