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„Ein gutes Netzwerk erhöht die Sichtbarkeit von Frauen im Interim Management“

von Joyce Darkoh am
Elisabeth Schardt gründete ihr eigenes Netzwerk für Interim Managerinnen.

In der dritten Folge der Interviewreihe Frauen im Interim Management stellen wir Ihnen Elisabeth Schardt vor. Seit ihrem Einstieg ins Interim Management 2019 hat sie mehrere Mandate erfolgreich abgeschlossen. Diese ergänzen ihre Erfahrungen im Projektmanagement, die sie zuvor elf Jahre lang in Hongkong gesammelt hatte. Mit einer ausgeprägten Spezialisierung auf den Konsumgüterbereich hat sie sich als Expertin insbesondere in der Fashion- und Textilbranche etabliert. Im Interview spricht Elisabeth Schardt über die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der deutschen Industrie und erläutert, warum sie sich proaktiv für Veränderungen einsetzt. Als Mitbegründerin des Netzwerks „Female Interim Leadership“ auf LinkedIn engagiert sie sich für eine bessere Vernetzung und Sichtbarkeit von Frauen im Interim Management. Das Gespräch zwischen Elisabeth Schardt und Marie-Luise Mann, Leiterin Manager Relations der Deutschen Interim AG, beleuchtet die Perspektiven und Potenziale von Frauen im Interim Management.
 

Frau Schardt, in Ihrer Laufbahn als Interim Managerin standen Sie vor der Herausforderung, sich als selbstständige Frau in einem männerdominierten Bereich zu etablieren. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Elisabeth Schardt: Eigentlich war meine Situation sogar ein wenig komplexer. Ich war zuvor mehr als ein Jahrzehnt im Ausland selbstständig tätig, bevor ich nach Deutschland zurückkehrte und hier bei einem Konzern festangestellt war. Von dort wechselte ich ins Interim Management. Daher war der Übergang zur Selbstständigkeit nicht das Kernproblem für mich. Vielmehr war es die deutsche Bürokratie, die mir Schwierigkeiten bereitete – insbesondere die Frage der Scheinselbstständigkeit und der Kulturschock: weg vom unternehmerischen asiatischen Denken hin zum deutschen bürokratischen Verhalten. Hinzu kam, dass ich trotz meiner Qualifikationen und Erfahrungen oft das Gefühl hatte, nicht den gewünschten Erfolg oder die erwartete Anerkennung zu bekommen. Häufig habe ich mich gefragt, ob ich vielleicht nicht die richtige Person für den Job war oder ob meine Qualitäten als Frau in manchen Bereichen nicht genügend geschätzt werden. Als ich nach vielen Jahren wieder in das traditionelle Arbeitsumfeld in Deutschland zurückkehrte, stellte ich fest, dass ich gerade als Frau über 50 vor einer besonderen Herausforderung stand: Meine umfangreiche Erfahrung schien eher ein Hindernis als ein Vorteil zu sein. Als ich dann ins Interim Management wechselte, erlebte ich eine positive Wende. Hier wurde meine Expertise nicht nur anerkannt, sondern auch geschätzt. Das Schöne am Interim Management ist die Unabhängigkeit von interner Politik. Man kann fokussiert arbeiten und echten Einfluss nehmen. Das empfinde ich als echtes Geschenk in meiner Karriere.
 

Welche Strategien haben Sie verfolgt, um Akzeptanz und Anerkennung zu erlangen?

ES: Es gibt zwei entscheidende Ebenen im Interim Management: Einerseits, wie man an Projekte herankommt, andererseits die eigentliche Projektarbeit. Nach meiner Zeit im Ausland fehlten mir lokale Netzwerke. Provider wie die Deutsche Interim AG sind daher für mich zentral, um an Aufträge zu gelangen. Ohne die Möglichkeit, intensives Marketing zu betreiben, setze ich auf kontinuierliches Networking und auf die Marketingstrategie: „Erzähle es jedem – ob er es hören will oder nicht“. Indem ich dies praktiziere, bleibe ich im Gedächtnis. Ist man dann im Projekt, ist es wichtig, einen guten Draht zum Auftraggeber – in der Regel zur Geschäftsführung – zu haben, sich regelmäßig abzustimmen und dabei sehr offen und transparent zu handeln. Ebenso entscheidend ist es, für die Mitarbeitenden im Team authentisch zu sein. Am Ende zählen natürlich das Know-how und die Erfahrung, aber als Frau muss man manchmal erst durch den Nebel der Voreingenommenheit hindurch – um dann umso brillanter zu glänzen.
 

Sie haben die Vernetzung mit Providern angesprochen. Bei Veranstaltungen wie dem DDIM-Kongress im November scheinen Frauen eher unterrepräsentiert zu sein. Ist das auch Ihre Wahrnehmung?

ES: Ja, das sehe ich genauso. Bei den letzten DDIM-Veranstaltungen, wie beispielweise auf Burg Schwarzenstein, ist mir aufgefallen, dass die Mehrheit der Anwesenden Männer in dunklen Anzügen war, während Frauen wie wenige bunte Flecken in dieser Masse wirkten. Es gibt eine Diskussion um den Frauenanteil im Interim Management. Während Human Resources ein Bereich ist, in dem viele Frauen vertreten sind, sind sie anderswo – insbesondere in typischen Männerdomänen wie dem Maschinenbau – stark unterrepräsentiert. Nur wenige Frauen finden den Weg in solche Branchen – ein Abbild des generellen Managementbilds in Deutschland. Um Interim Managerin zu werden, braucht es viel Erfahrung – und hier spiegelt sich, dass Frauen weniger Chancen bekommen, die so wichtigen Erfahrungen in gehoben Managementpositionen zu sammeln.

Einige Bereiche, in denen Frauen stärker vertreten sind, wie die Konsumgüterbranche oder das Gesundheitswesen, sind für das Interim Management offenbar noch nicht relevant. Das eigentliche Dilemma bleibt daher die mangelnde Sichtbarkeit von Frauen im Interim Management. Vielen Frauen ist nicht bewusst, dass Interim Management eine valide Option für sie ist. Es eröffnet die Chance, den politischen Intrigen einer Festanstellung zu entkommen und stattdessen die eigene Expertise effektiv einzusetzen.
 

Sie sprachen über aktuelle Möglichkeiten und historische Hintergründe für Frauen im Interim Management. Sehen Sie strukturelle Veränderungen, die dazu führen, dass Frauen heute mehr Chancen in diesem Bereich haben?

ES: Absolut. Viele Frauen der älteren Generation haben Karrierepausen eingelegt, etwa für die Kindererziehung. In unseren Diskussionen in kleineren Netzwerken höre ich oft, dass Frauen sich übersehen fühlen oder trotz ihrer Expertise nicht ernstgenommen werden. Deshalb entscheiden sich viele bewusst dafür, das Corporate-Umfeld zu verlassen und ins Interim Management zu wechseln. Es ist eine Chance. Die Herausforderung ist natürlich, Projekte zu bekommen. Hier sehe ich Potenzial. Viele Unternehmen und Angestellte in Führungspositionen könnten ermutigt werden, bewusst eine Frau als Interim Managerin einzusetzen. Mandate sind zeitlich begrenzt und bergen daher kaum Risiken. In meinen aktuellen Projekten sehe ich den positiven Einfluss von Frauen. Als bekanntgegeben wurde, dass eine Frau interimsmäßig das Team leiten wird, war die Begeisterung bei den anderen weiblichen Teammitgliedern groß. Frauen bringen viele Soft Skills mit, was besonders in schwierigen Team- oder Personalsituationen von großem Wert sein kann.
 

Das Interim Management erfordert effizientes und qualitatives Problemlösen. Wie lassen sich Frauen hier stärker integrieren? Und welche besonderen Qualitäten und Stärken bringen sie – neben ihrer Expertise – in Projekte ein?

ES: Im Interim Management geht es darum, schnell und effektiv ein fachliches Problem zu lösen. Die Lösung steckt jedoch oft nicht nur im Fachlichen, sondern auch in der zwischenmenschlichen Komponente. Frauen verfügen häufig über eine höhere emotionale Intelligenz und Feinfühligkeit. Das erlaubt ihnen, zwischenmenschlichen Aspekte ins Spiel zu bringen. Wie wir aus dem Change Management wissen, geht es nicht immer nur um die Sache an sich. Am Ende sind es Menschen, die zusammenarbeiten und einen Erfolg erreichen. Frauen bringen tendenziell mehr Teamorientierung in das Mandat, sie balancieren zwischen Emotion und Sachlichkeit.
 

Wie sehen Sie die Gleichstellung von Männern und Frauen im Interim Management?

ES: Es sollte nie in Frage stehen, dass Männer und Frauen gleiche Qualifikationen haben können. Das Ziel ist nicht, eine Genderdebatte zu führen, sondern, die einzigartigen Stärken beider Geschlechter zu erkennen. Frauen neigen allerdings oft dazu, sich unter Wert zu verkaufen, während Männer sich manchmal überbewerten. Hier besteht die Herausforderung darin, die tatsächlichen Fähigkeiten von Frauen entsprechend zu vermarkten.
 

Sie haben auf LinkedIn eine Netzwerk-Initiative für weibliche Interim Leader gestartet. Wie reagieren Frauen darauf? Und welche Themen behandeln Sie?

ES: Die Netzwerk-Initiative entstand spontan nach einem Treffen mit anderen Interim Managerinnen. Wir waren überrascht, wie viele Frauen an dem Treffen teilnahmen und welche spannenden Diskussionen sich daraus ergaben. Wir erkannten, wie wichtig es ist, uns zu vernetzen. Es gab bereits einen Versuch von anderen Managerinnen, eine Initiative in Hamburg zu starten, die sich jedoch im Sande verlief. Daher beschlossen wir, die Initiative selbst in die Hand zu nehmen. Ohne großes Tamtam oder feste Agenda – einfach machen. Unsere Diskussionen drehen sich um verschiedene Themen. Beispielsweise sprechen wir über unsere Erfahrungen als Frauen im Interim Management. Einige Managerinnen haben Geschichten erzählt, die mich wirklich schockieren. Zum Beispiel, wie sie in ihrer Rolle herabgewürdigt oder nicht ernstgenommen wurden. Daneben tauschen wir uns über praktische Dinge wie Vertragsfragen aus. Wir wollen eine Plattform schaffen, auf der wir uns auf Augenhöhe begegnen und gegenseitig unterstützen können – fernab von Kunden-Provider-Beziehungen. Dabei ist es uns wichtig, dass diese Gespräche in einem geschützten Raum stattfinden, damit jeder offen sprechen kann. Ziel unserer Initiative ist es vor allem, Sichtbarkeit für Frauen im Interim Management zu schaffen.
 

Sie betonen die Sichtbarkeit von Frauen im Interim Management. Wie trägt Ihr Netzwerk dazu bei, Frauen einen sicheren Raum und Mentoring zu bieten?

ES: Das Interim Management ist eine „Einsame-Wolf“-Tätigkeit: Wir sind beim Kunden auf uns allein gestellt. Sicherlich können Provider hin und wieder unterstützen, aber letztendlich ist ein Provider ein Geschäftspartner. Es gibt Situationen, in denen wir Frauen untereinander ein besseres Verständnis füreinander haben – besonders bei genderspezifischen Angelegenheiten. Es geht weniger um Mentoring, sondern eher um Coaching oder einfach um den Austausch unter uns Frauen.
 

Gibt es Überlegungen, diesen Austausch in einem von einem Provider geführten Kreis zu organisieren? Was halten Sie von diesem Vorschlag?

ES: Ich finde, das ist eine großartige Idee. Jede Initiative, die die Sichtbarkeit von Frauen im Interim Management fördert, unterstütze ich voll und ganz. Ein Provider könnte definitiv wertvolle Verknüpfungen im Netzwerk schaffen. Und es wäre toll, wenn dabei erfahrene Mentorinnen einbezogen werden würden.
 

Was ist Ihre Vision für Frauen im Interim Management? Gibt es Dinge, die Sie persönlich entwickeln oder ändern möchten?

ES: Meine Vision ist, dass sich Frauen überall vernetzen können. Wenn man in einer Stadt ist und weiß, dass es andere Interim Managerinnen in der Nähe gibt, sollte man die Möglichkeit haben, einander zu treffen. Der soziale Austausch und das Gefühl, jemanden zu haben, an den man sich wenden kann, sind sehr wichtig. Ein weiterer Aspekt ist ein geschützter Raum, in dem Frauen ehrlich kommunizieren können, ohne negative Auslegungen fürchten zu müssen.
 

Zum Abschluss, wo können Interessierte mehr über Ihr Netzwerk erfahren?

ES: Wir stehen noch ganz am Anfang einer spontanen Idee und stecken gerade die Köpfe zusammen, wie wir uns weiterentwickeln wollen. Zurzeit ist unser Netzwerk ein geschlossener Kreis, weil wir die Integrität und Ehrlichkeit der Kommunikation gewährleisten wollen. Interessierte Frauen können mich gern über LinkedIn kontaktieren und sich über das Netzwerk informieren.


Sie sind als Interim Managerin tätig und möchten Ihre Erfahrungen und Einsichten weitergeben? Die Deutsche Interim AG lädt Sie ein, an der Interviewreihe „Frauen im Interim Management“ teilzunehmen. Sie erhalten die Möglichkeit, Ihre berufliche Perspektive, Erfahrung und fundierten Tipps in einem persönlichen Interview mit der di-Community zu teilen. So tragen Sie dazu bei, die unternehmerische Wahrnehmung und Sensibilität für dieses zentrale Thema zu erhöhen.

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Joyce Darkoh ist Expertin für Social Media

Joyce Darkoh

Expertin für Social Media

Als Sozialpsychologin und Gründerin einer Anzugmarke, welche die Persönlichkeit ihrer Träger betont, hat Joyce Darkoh ihre Leidenschaft für Mode und Marketing zum Beruf gemacht. Ihre Passion ist das Personal Branding via Social Media. Dank ihrer Begeisterung für Storytelling und ihres sozialpsychologischen Hintergrunds erzählt sie auf LinkedIn spannende und inspirierende Geschichten aus Perspektive von Tilo Ferrari und Deutscher Interim AG.

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An wen richtet sich dieser Blog? An Unternehmen, Interim Manager:innen und alle, die Neuigkeiten und Hintergründe zum Thema Interim Management erfahren wollen.

Was bietet der Blog? Wertvolle Einblicke in den Themenkosmos rund um Interim Management: von hochwertigen Fach- und Expertenbeiträgen über interessante Studien und Umfragen bis hin zu bewährten Best Practices und hilfreichen Praxistipps.

Wer schreibt? Das Experten- und Content-Team der Deutschen Interim AG rund um Tilo Ferrari. Wir behalten für Sie den Markt im Blick, greifen aktuelle Trends auf und wagen einen Blick über den Tellerrand – mit dem Ziel, Sie nicht nur zu informieren, sondern auch einen lebhaften Austausch zu beginnen.

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