Wie kann ich die Post Merger-Integration eines Logistikunternehmens vorbereiten?
In der Logistikbranche kam es in den letzten Jahren verstärkt zu Fusionen und Übernahmen. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich:
- Während der Corona-Pandemie haben viele Verbraucherinnen und Verbraucher den Online-Handel für sich entdeckt.
- Auch infolge der Pandemie konnten große globale Logistikunternehmen und Carrier vor allem im Seebereich extrem hohe Gewinnmargen erzielen. Das hat Appetit auf horizontale vertikale Expansion gemacht – auch bei PE-Investoren.
- Umgekehrt wollten einige kleinere Unternehmen den gebotenen Kaufpreis nicht ausschlagen, insbesondere wenn sie an jener Marktentwicklung nicht entsprechend partizipieren konnten.
- Die Energiekrise hat Transport- und Frachtkosten in die Höhe schnellen lassen.
- Politische Vorgaben zum Klimaschutz oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz haben den Innovationsdruck erhöht.
- Investitionen in Logistikunternehmen sind ein Instrument zur Stabilisierung zunehmend fragiler Lieferketten.
- Allerdings scheitern viele M&A-Transaktionen spätestens während der Integrationsphase. Einige Studien schätzen den Anteil dabei auf ernüchternde 60 bis 70 Prozent. Umso bedeutender ist es, die Post Merger-Integration gründlich vorzubereiten.
In der Praxis hat sich folgendes Vorgehen bewährt:
1. In beiden Unternehmen die eingeweihten Personen identifizieren
Informationen sind bei Unternehmensfusionen das A und O, aber neben Zahlen, Daten und Fakten eben oft auch solche, die weder im Datenraum noch in den zur VerfĂĽgung gestellten Dokumenten zu finden sind.
Erfahren kann man diese nur durch Gespräche mit Mitarbeitenden und den Mitgliedern des Managements, die über den Zusammenschluss informiert und vergattert sind.
Diese Personen sollte man möglichst früh identifizieren.
2. Die operativen Kennzahlen beider Unternehmen analysieren
Die im Datenraum zur VerfĂĽgung gestellten Kennzahlen mĂĽssen auf Bereichs- und Unternehmensebene vergleichbar gemacht werden.
Im Vordergrund steht hier – vor allem bei vergleichbaren Einheiten – die Produktivität. Denn sie dient als Grundlage für Entscheidungen im Rahmen der Integration.
3. Softfacts zu beiden Logistikdienstleister recherchieren
Softfacts sind wichtige Anhaltspunkte zum Verständnis einer Unternehmenskultur.
Neben den oben genannten Gesprächen sind
- Internetauftritte wie Websites sowie
- soziale Medien
eine wichtige Informationsquelle bei der Recherche der Softfacts, vor allem letztere.
Da es sich bei den meisten Fusionen im Prinzip um Akquisitionen handelt, ist eine absolute Neutralität der akquirierenden Partei wichtig.
4. Firmenkulturen und Wertesysteme vergleichen
Gerade bei globalen Übernahmen wird die Bedeutung der unterschiedlichen Kulturen gern unterschätzt. Hier hilft eine Gegenüberstellung von
- Visionen,
- Hierarchien und
- FĂĽhrungsstilen.
Auch der Kulturkreis, in dem ein Unternehmen operiert, eventuell auch das religiöse Umfeld, muss betrachtet werden.
5. Die Kundenstrukturen und Serviceportfolien analysieren
Oft werden nur die reinen Kennzahlen und die Bilanz bewertet. Zukünftiges Wachstum und Erfolg hängen aber auch von der Akzeptanz des neuen Unternehmens am Markt ab.
Fragen über Kundenstrukturen – handelt es sich um Großkunden oder transaktionelle Kunden? – oder die Serviceleistungen – sind diese identisch oder komplementär? – kann und sollte man im Vorfeld analysieren.
6. Potenzielle Konflikte identifizieren
Die Zusammenstellung der wichtigsten Softfacts, der Vergleich der jeweiligen Unternehmenskulturen sowie die Analyse der Kundenstrukturen und Serviceportfolien – das sind die Grundlagen für ein zentrales Element bei der Erarbeitung einer Integrationsstrategie: die Identifizierung potenzieller Konflikte.
Denn dadurch können Konflikte und andere schwierige Situationen während des PMI-Prozesses ganz oder teilweise vermieden und – da sich Lösungen bereits im Vorfeld erarbeiten lassen – gegebenenfalls besser bewältigt werden.
7. Die operativen Systeme, Strukturen und Prozesse gegenĂĽberstellen
Aufgrund ihrer Historie haben die Unternehmen in der Regel verschiedene operative Systeme – verschiedene Transport Management Systems.
Diese haben einen Einfluss auf die Prozesse und auf die Strukturen der jeweiligen Unternehmen, etwa hinsichtlich des Grades, in dem sie zentralisiert bzw. dezentral organisiert sind.
Entsprechend wichtig ist die GegenĂĽberstellung der jeweiligen Systeme bei den Vorbereitungen auf die Unternehmensintegration.
8. Potenzieller Synergien und komplementärer Erfolgsfaktoren identifizieren
Auch komplementäre Erfolgsfaktoren, die Synergieeffekte auslösen können, sind noch vor der Post Merger-Integration zu identifizieren. Denn ein Merger ist nur dann erfolgreich, wenn die „neuen“ Strukturen und Prozesse diese Faktoren weiterhin unterstützen.
Das macht diese Analyse wichtig: Sie beeinflusst unter Umständen die zu erarbeitende Zielstruktur.
9. Die vorläufigen Zielstruktur nach der Fusion definieren
Basierend auf vorgegeben Rahmenbedingungen und unter Einbeziehung der Erkenntnisse aus den Punkten 6 und 7 wird nun die Zielstruktur des Unternehmens nach der Fusion erstellt.
Neue Erkenntnisse und Informationen während des PMI- Prozesses können hier noch zu Korrekturen an der einen oder anderen Stelle führen.
Wichtig ist es hier auch, einen Ablaufplan des Integrationsprojekts mit klar definierten Schritten und einer – realistischen – Zeitplanung zu erstellen.
Dabei ist auch das Umsetzungsteam zu mandatieren. Dieses Team sollte alle Hierarchieebenen, Fachbereiche und Arbeitnehmervertretungen beider Unternehmen widerspiegeln.
Fazit: So bereiten Sie eine PMI im Transport- und Logistikbranche vor
Die allerwichtigsten Faktoren einer erfolgreichen Post Merger-Integration sind:
- eine verlässliche Zusammenstellung der Rahmenbedingungen wie der operativen Kennzahlen, der Bilanzen, aber auch der Kundenstrukturen und der Serviceportfolios,
- ein gründliches Verständnis der jeweiligen Firmenkulturen und Firmenwerte und
- eine klare Vorstellung der Zielstruktur, die operative Systeme, potenzielle Synergien und mögliche Konflikte berücksichtigt.
Die wichtigsten Informationsquellen dagegen sind
- der Datenraum und andere vorliegende Dokumente,
- persönliche Gespräche mit in die Fusion eingeweihten Personen und
- die Internetauftritte sowie Aktivitäten in sozialen Medien.
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