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Wie kann ich die Time-to-Hire reduzieren?

Unternehmen können längst nicht mehr auf Bewerber:innen warten, wenn sie eine Stelle zu besetzen haben. Das operative Recruiting müsse daher zur strategischen Talent Acquisition weiterentwickelt werden, argumentiert unser HR-Spezialist. Dabei sei ein beschleunigter Recruiting-Prozess essenziell.

Der Kandidat:innenmarkt hat sich grundlegend verändert und damit auch der Einstellungsprozess. Soziale Megatrends wie Gen Z, New Work und besonders die demografisch bedingte Verknappung von Fach- und Führungskräften hat das Recruitment zu einem Bewerbungsprozess für die Arbeitgeber:innen gemacht.

Heute ist das Unternehmen der Bewerber geworden.

Die Kandidat:innen können sich ihre Stelle zwar auch heute noch zumeist nicht „aussuchen“, wie manche Beobachter:innen behaupten. Sie befinden sich aber in einer wesentlich besseren Situation als noch vor einigen Jahren.

Dauer des Recruitingprozesses entscheidend

Oberstes Ziel des Recruitings ist es, geeignete Kandidat:innen zu finden, die auf die Stelle passen.

Aber wenn es richtig ist, dass das Unternehmen der Bewerber geworden ist, so wird die Dauer des Rekrutierungsprozesses entscheidend. Denn die Instrumente, mit denen man die Time-to-Hire reduzieren kann, führen fast schon zwangsläufig zu weiteren Verbesserungen, optimieren den Prozess insgesamt.

Eine kurze Time-to-Hire

  • minimiert Verluste (wegen der Rückmeldung),
  • führt zu einem besseren Prozess (wegen der „Candidate Experience“)
  • und zu kostengünstigeren Prozessen (weil Kosten der Vakanz reduziert).

Recruitment-Investitionen langfristig anlegen

Gerade letzteres, die Vakanzkosten: Unterschätzt werden häufig übrigens auch die Vakanzkosten, die Cost-of-Vacancy. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Zeit sich manches Unternehmen bei der Stellenbesetzung gönnt  – ganz so, als ob das Unternehmen durch die Vakanz per saldo Kosten sparen würde.

Wäre dem so, müsste die Position sofort abgeschafft werden.

Und doch geht es im Recruitment nicht primär um Kostenreduzierung. Denn während Rekrutierungskosten Einmalkosten sind, soll die Besetzung der vakanten Stelle ja einen langfristigen Return liefern. (Wenn der ROI eine schwarze Zahl sein soll: mindestens drei Jahre!)

Doch wie reduziert man nun die Dauer von Recruiting-Prozessen auf ein Minimum? Lesen Sie hier meine Vorschläge:

1. Machen Sie jedes Recruiting zu einem eigenen Projekt

Das alte „Post & Pray“, bei dem das Unternehmen einfach eine Stellenanzeige schaltet und dann auf Bewerber:innen wartet, ist für immer vorbei. In der VUCA-Welt ist auch das Recruiting viel komplexer geworden.

Unternehmen brauchen eine passende Strategie

Das bedeutet, dass jeder Recruitingprozess als Projekt verstanden werden muss, zu dessen Beginn sehr genau überlegt werden sollte, welche Strategie zu welcher Vakanz passt, um diese so

  • passend,
  • schnell und
  • kostengünstig

wie möglich zu besetzen (und zwar in dieser Reihenfolge!).

Um eine Strategie entwickeln zu können, müssen sich die Recruiter natürlich auf Erfahrungen stützen. Darüber hinaus brauchen sie aber auch ein gutes Gespür für die Erwartungen der Kandidat:innen.

2. Nutzen Sie die gesamte Bandbreite möglicher Rekrutierungskanäle

Besonders wichtig ist hier zudem die Wahl des Rekrutierungskanals, also des Weges, auf dem die Kandidat:innen gefunden werden sollen.

Auch darüber ist jedes Mal neu zu entscheiden.

Welche Kanäle in Frage kommen, hängt dabei stark von der vakanten Position ab:

  • Eine Leiterin Produktmanagement lässt sich bei richtiger und gezielter Herangehensweise durchaus über LinkedIn finden.
  • Einen Mitarbeiter für die Produktion oder einen LKW-Fahrer kann man auf Facebook suchen.
  • Und es gibt Geschäftsführer, die über eine Initiativbewerbung an ihren Top-Job gelangt sind.

In allen drei Fällen lagen die Suchkosten übrigens bei null Euro.

Es muss jedenfalls nicht immer der Headhunter sein – und die gute alte Stellenanzeige ist noch lange nicht tot.

CRM funktioniert auch beim Kandidat:innenmanagement

Ein CRM-orientiertes Kandidat:innenmanagement kann erhebliche Kosten und Aufwand sparen.

Einige Unternehmen halten Kontakt zu wertvollen ehemaligen Mitarbeiter:innen oder zu Bewerber:innen, die in einem Rekrutierungsprozess einen vielversprechenden Eindruck hinterlassen haben, aber aus einem nicht in der Qualifikation liegenden Grund nicht zum Zuge gekommen sind oder selbst abgesagt haben.

3. Verschlanken Sie Ihren Rekrutierungsprozess

Den Rekrutierungsprozess zu optimieren, kann zweierlei bedeuten:

  1. die Qualität der Abläufe zu verbessern.
  2. den Prozess zu verkürzen, indem man die Anzahl der einzelnen Prozessschritte reduziert.

Auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick nicht so scheint: Die beiden Ziele schließen einander nicht aus.

Im Gegenteil: Der kürzere Prozess ist oft sogar der bessere. Denn ein langwieriges Recruiting führt häufig zum Verlust gerade derjenigen Kandidat:innen, die am besten geeignet und passend gewesen wären… Schade!

Ein erstes kurzes Videointerview mit dem Hiring Manager schon nach wenigen Tagen, ein ausführliches persönliches Gespräch, das als Austausch und Dialog gestaltet wird, und eine dritte Runde, in der die Kandidat:innen zusätzlich künftige Kolleg:innen, ihren Arbeitsplatz und ihren künftigen Job kennenlernen – fertig.

Eine smarte Personaldiagnostik lässt sich ggf. – ohne Zeitverlust – noch zwischen die zweite und dritte Runde einschieben und/oder der dritte Termin durch eine kleine Präsentationsaufgabe für die Kandidat:innen anreichern.

Aber „Viel hilft viel“ gilt nicht mehr im Recruiting. Eine schlanker Prozess ist für eine akzeptable Time-to-Hire unerlässlich.

4. Standardisieren Sie Ihren Rekrutierungsprozess

Unternehmen tun gut daran, ihre Rekrutierungsprozesse zu standardisieren.

Bei aller Flexibilität, die im Recruiting unverzichtbar bleibt, kann ein Rekrutierungsprozess ohne Disziplin nicht erfolgreich sein, d.h. die drei eingangs erwähnten Ziele von Passung, Dauer und Kosten erreichen.

Zum einen ergeben sich aus der Standardisierung Kennzahlen, anhand derer sich prüfen lässt, wann der Zeitplan aus dem Ruder läuft und gegengesteuert werden muss.

Zum anderen ermöglicht sie ein effektives Controlling: Denn nur wenn diese Abläufe für alle Beteiligten verbindlich sind – für die HR Business Partner und vor allem für die Hiring Manager, die eine Vakanz zu besetzen haben – lassen sich deren Qualität, Geschwindigkeit und Effizienz kontrollieren und steuern.

Und wenn der Zeitplan aus dem Ruder läuft entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen. Auch beim Recruiting gilt: Kein Projekt ohne einen guten Prozess!

Die Time-to-Hire begrenzen

Der erste Schritt: Im Zuge der Standardisierung kann auch das Verhältnis zwischen Passung und Time-to-Hire bestimmt werden.

Die Passung erweist sich immer wieder als der wichtigste Faktor bei der Stellenbesetzung. Mit geeigneten Kandidat:innen lässt sich das sog. Ghosting, Quiet Quitting und die Frühfluktuation auf beiden Seiten bestmöglich vermeiden.

Insofern setzen die Qualitätsziele der Time-to-Hire Grenzen: Die Time-to-Hire kann so weit optimiert werden, wie dies nicht zu Lasten der Qualität geht. Ihre Verkürzung darf nicht zu Lasten der Qualität gehen.

Dauer des Rekrutierungsprozesses bestimmen

Der zweite Schritt dazu ist es, für jeden Rekrutierungsprozess die Time-to-Hire festzulegen, innerhalb derer die Kandidat:innensuche erfolgreich abgeschlossen wird.

Diese standardisierte Dauer des Rekrutierungsprozesse wird übrigens oft mit der Time-to-Fill verwechselt, also der Dauer der Vakanz. Diese ist länger als die Dauer der Suche, weil neue Mitarbeiter:innen in der Regel ja noch eine Kündigungsfrist bei ihrem aktuellen Arbeitgeber ableisten, bevor sie starten können.

Als durchschnittliche Time-to-Hire sind 13 Wochen marktüblich. Diesen Wert gilt es zu unterbieten.

Die Time-to-Hire durchplanen

Der dritte Schritt besteht darin, die festgelegte Time-to-Hire genau durchzuplanen:

  • Welcher Schritt passiert wann?
  • Wie schnell nach dem Start des Prozesses müssen im Briefing zwischen HR und Hiring Manager alle Parameter geklärt sein, um in den Markt gehen zu können?
  • Wie schnell sollen Kandidatenprofile vorliegen?
  • Wann finden die ersten Gespräche statt, wann die zweite Runde, wann die Entscheidung?
  • Wie viele Interviewrunden soll es überhaupt geben? Wie sehen diese aus? usw.

5. Stellen Sie die Bewerber:innen in den Mittelpunkt

Standards, Kennzahlen und Disziplin sind gut, aber – solange der Prozess die Bewerber:innen nicht im Mittelpunkt stehen – auch in der Rekrutierung nur Sekundärtugenden.

Wie schon gesagt: Die Qualität ist wichtiger als das Tempo der Besetzung, weil es niemandem nützt, eine Vakanz zwar binnen weniger Tage, aber gänzlich unpassend zu besetzen.

Die Candidate Journey ist ein Alleinstellungsmerkmal

Ansonsten ist Schnelligkeit ein Schlüsselfaktor im Recruiting.

Noch vor zehn Jahren konnte es durchaus vier lange Wochen dauern, bis Kandidat:innen erstmals eine Reaktion erhielten. Dies mag in Zeiten digitaler Bewerbermanagementsysteme, die automatisch und unverzüglich eine Eingangsbestätigung versenden, vorbei sein.

Doch was passiert dann? Wie schnell meldet sich das Unternehmen wirklich zurück und sagt ab oder lädt zum Kennenlernen ein? Und wenn es einlädt: in welcher Form? Mit einer unpersönlichen Nachricht („Sehr geehrte/r Herr/Frau…“) und womöglich mit einem fest vorgegebenen „Termin“ für ein „Vorstellungsgespräch“?

Die sog. Candidate Journey macht den Unterschied!

Das Unternehmen ist der Nachfrager

Der vom Kandidaten wahrgenommene Employer Brand (bei weniger bekannten Unternehmen z.B. die „Bewertungen“ auf einschlägigen Plattformen wie kununu) oder praktische Aspekte wie die verkehrsgünstige Lage des Arbeitsplatzes o.ä. entscheiden vielleicht darüber, ob sich ein Kandidat bewirbt – das war’s dann aber auch schon.

Wie es dann weitergeht, ist bei der Wahl zwischen zwei ungefähr gleichwertigen Angeboten oft entscheidend. Schnelligkeit, Verlässlichkeit und Freundlichkeit der Kommunikation vor, während und nach den Gesprächen mit Human Resources und dem Hiring Manager sind ein Ausdruck der Wertschätzung und für Kandidaten um ein Vielfaches wertvoller als die schönste Employer Value Proposition.

Die Talente sind die Anbieter von Kompetenzen und Potenzial, das Unternehmen ist der Nachfrager!

6. Und was ist mit den Kosten?

Von den Recruiting-Kosten war bisher kaum die Rede.

Dabei sind die Cost-per-Hire eine weitere elementare Kennzahl jedes Recruiting-Prozesses. Auch hier zahlt sich eine durchdachte, an der Time-to-Hire orientierte Strategie aus. Dann werden  genau jene Suchkosten verausgabt, die auch wirklich nötig sind, nicht mehr, aber auch nicht weniger! Der teure Headhunter ist keine Garantie für eine passgenaue Besetzung und auch nicht für Tempo, aber am falschen Ende zu sparen, kann ebenso falsch sein.

Denn eine solche Strategie minimiert die notwendigen Investitionen, weil sie per definitionem kein Geld für wenig erfolgversprechende Rekrutierungsmethoden verschwendet.

Fazit: Schnelle Rekrutierungsprozesse sind für eine zeitgemäße Talent Acquisition essenziell

Die Time-to-Hire ist für den Recruiting-Prozess mittlerweile eine der wichtigsten Kennzahlen, weil im Recruiting alles schneller gehen muss als bisher.

Unternehmen können sich keine bürokratischen Entscheidungsprozesse mehr dazu leisten, wen man denn nun zum „Vorstellungsgespräch“ einlade – und schon gar keine Überheblichkeiten im Sinne von „Die junge Dame (m/w/d) möge sich mal ein bisschen gedulden“.

Die wichtigsten Maßnahmen zur Beschleunigung des Recruiting-Prozesses sind meiner Erfahrung nach die folgenden:

  • Möglichst alle Rekrutierungskanäle nutzen – je nach zu besetzender Stelle z.B. auch Initiativbewerbungen oder soziale Medien wie Facebook und LinkedIn.
  • Die Kandidat:innensuche und -auswahl entschlacken und auf ein Minimum an Schritten begrenzen.
  • Den Rekrutierungsprozess standardisieren und für alle Beteiligten verbindlich machen.
  • Die Candidate Journey ins Zentrum rücken.

Passung bleibt das Wichtigste

Und doch darf man nicht vergessen: Vor dem Tempo kommt – mit einer Nasenlänge Vorsprung – die „Passung“.

Das bedeutet zwar nicht, dass nur die Idealbesetzung in Frage käme. Unternehmen müssen weg von dem „Mann (m/w/d), der alles kann“: Es gibt zu viele B-Arbeitgeber:innen, die nach A-Kandidat:innen verlangen.

Aber Zeitdruck darf auch nicht zu Verlegenheitslösungen führen.

Strategische Talent Acquisition die wichtigste Aufgabe

Aus dem operativen Recruitment ist längst eine strategische Talent Acquisition und die vielleicht wichtigste Aufgabe im Human Resource Management geworden.

Sie kann nicht ernst genug genommen werden.

Denn keine Personalentwicklung kann jemals reparieren, was hier falsch gemacht wurde. Aus guten Mitarbeiter:innen lassen sich sehr gute entwickeln, aber aus mittelmäßigen – keine guten.