Zwei kleine Firmen im Bereich B2B-Handel mit Reinigungs- und Pflegeprodukten und zusammen 105.000 Kunden wurden von einer Holding übernommen. Weitere Firmen befanden sich zum Zeitpunkt des Interim Mandats im M&A-Prozess. Die Holding strebte an, dass alle Unternehmen künftig in denselben Systemen arbeiten. Der Interim Manager wurde damit beauftragt, die Einführung dieser Systeme zu begleiten. Die Verkaufsstrategie erforderte ein firmenübergreifendes ERP-System (Einkauf, Buchhaltung, Materialwirtschaft und Personal) inklusive Tools für CRM, DM und BI.
Prozesse für Digitalisierung nicht beschrieben
Bisher waren Lexware und DATEV im Einsatz, Prozesse waren nicht beschrieben. Es gab kein CRM und keine MaWi. Die Mitarbeitenden organisierten sich selbst über Outlook und teilweise per Papierablage. Das Berichtssystem beruhte auf Eigenangaben der Mitarbeitenden auf Basis von Excel. Die Provisionsabrechnungen waren sehr unterschiedlich und in einem Fall kompliziert und nicht standardisiert. Der Auftragsabschluss (bisher Papier) sollte fortan über ein Tablet vor Ort beim Kunden erfolgen. Dabei sollte der Abschluss auch offline und in Ausnahmen weiter per Papier möglich sein. Die Kundenbeziehungen wurden über Business-Notizen (verschiedene Formate bis hin zu Papier) dokumentiert und mussten ins DMS übernommen werden, auf das das CRM mandantenspezifisch zugreifen muss.
Synergie- und Einkaufseffekte nutzen
Die beiden Firmen blieben zunächst eigenständig, aber der Verkaufsprozess und später Einkauf, Buchhaltung, Materialwirtschaft und Personal wurden vereinheitlicht (Post Merger Integration), um Synergie- und Einkaufseffekte nutzen zu können.
Die beiden Geschäftsführer waren in Personalunion auch jeweils Vertriebsleiter. Mit ihnen (Face-to-Face) und zwei Vertriebsmitarbeitern, sowohl angestellt als auch freiberuflich als Handelsvertreter, (remote) wurden jeweils einstündige Interviews geführt und Schlüsseldokumente,wie etwa Bestellscheine (früher Papier), xls-Provisionsabrechnungen, Rabattkonditionen und dergleichen, übergeben, die anschließend analysiert wurden.
Auf der Basis dieser Analyse wurde gemäß einer eigenen Methode des Interim Managers, die auf der vereinfachten Cheng-Notation für das Entitäten-Relationen-Diagramm basiert, ein Datenmodell mit Entitäten, Attributen und Berechtigungen entwickelt. Dabei hat der Interim Manager eine Wissensdatenbank entwickelt, die den größten Wettbewerbsnachteil in einen sehr großen Vorteil verwandelte und die Einarbeitungszeit neuer Vertriebler erheblich verkürzte. Es wurden Vertriebler im zweistelligen Bereich eingestellt (Umsetzung der Buy-and-Build-Strategie der Investoren).
Anschließend wurden die Prozesse Verkaufsabschluss (harter Direktverkauf vor Ort „Impulsvertrieb“), Auftragsabwicklung und Provisionsabrechnung mit einer eigenen Methode, die auf SIPOC aus Six-Sigma basiert, in Form einer Prozesskarte dokumentiert. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die dublettenfreie Migration der Stamm- und Bewegungsdaten gelegt. Die Provisionsabrechnung wurde durch den Interim Manager entfeinert und für die vielen neuen Mitarbeitenden optimiert.
Das CRM-Berichtssytem wurde nur übergangsweise im MVP genutzt. Sämtliche CRM- und ERP-Berichte wurden firmenübergreifend aus dem BI-System geliefert.
Release-Planung für schrittweise Einführung der Systeme
Eine Releaseplanung für die schrittweise Einführung von CRM, BuHa, MaWi, HR, BI, DMS lag vor. Der reduzierte Funktionsumfang für das CRM Most Valuable Product war dokumentiert. Für CRM waren acht weitere Releases und neun Testfälle definiert. Die Umsetzung erfolgte komplett remote und agil mit Fragen-Antworten- und Show-and-Tell-Werkstätten.
Der Projektleiter hat seinen Sitz in Spanien und ist vom Zeittyp Nachtigall. Der Interim Manager ist vom Zeittyp Lerche und Projektsteuerer sowie Testmanager, wobei er für beides eine eigene Methode einsetzt, die auf PRINCE2 basierte.
Lastenheft und Pflichtheft inklusive Wissensdatenbank
Das Lastenheft inklusive Wissensdatenbank wurde in 15 Projekttagen erstellt. Für Lieferanten-Pitching und Gap-Analyse-Pflichtenheft waren zwei Projekttage angefallen. Der erste MVP-Testfall (Migration der Stamm- und Bewegungsdaten) wurde bereits 14 Tage nach Auftragserteilung agil getestet.
Nach dem CRM wurde das erweiterte ERP ausgerollt. Hierbei müssen nur die Buchhaltungsdaten migriert werden. Die Migrationsprozesse sind bis dahin etabliert.