Ein Schweizer Weltmarktführer für die Herstellung von Spinnereimaschinen hatte im zweiköpfigen Treasury-Management-Team eine Vollzeitkraft durch Kündigung verloren. Der Interim Manager wurde engagiert, um das Tagesgeschäft im Treasury Management aufrechtzuerhalten und diverse Herausforderungen zu bewältigen. Aus dem für wenige Monate geplanten Troubleshooter-Einsatz entwickelte sich eine mehrjährige Zusammenarbeit mit mehreren Projekten zur Transformation der Treasury-Prozesse bis hin zur Einführung von SAP Treasury.
Vielzahl von Herausforderungen im Treasury Management identifiziert
Als der Interim Manager das Mandat übernahm, wurde schnell klar, dass das Unternehmen vor zahlreichen prozessualen und technischen Herausforderungen stand. Dazu zählten vor allem:
- Troubleshooting im bestehenden Treasury-System „Reval“
- Einführung eines global praktizierten Hedge Accountings nach dem IFRS-9-Standard
- Ausbau des Group Nettings
- Aufbau eines neuen Cross-Border Cash Poolings mit vier Pools für EUR, CHF, USD und Offshore-RMB
- Entwicklung einer neuen FX-Risk-Strategie und Sicherstellung der regulatorischen Anforderungen von EMIR, FATCA, AIA, CRS, MiFid, FinfaG und Dodd Frank
- Einführung einer SWIFT for Corporates-Lösungen mit eigenem BIC
- Aufsetzen eines neuen globalen Zahlungsverkehrs
- Wechsel vom Treasury-System Reval zur umfassenden Treasury-Lösung von SAP mit Einführung eines Inhouse-Banking-Konzepts.
Die größte Schwäche der aktuellen Treasury bestand darin, dass die zahlreichen Prozesse stark fragmentiert waren. Um diese Mängel abzustellen, erfasste der Interim Manager zunächst die Abläufe und entwickelte das Zielbild für ein Treasury Management auf Höhe der Zeit. Daraus leitete er die Roadmap der erforderlichen Änderungen ab.
Neue Liquiditätsplanung schafft Grundlage für Transformation der Prozesse
Basis beinahe aller Treasury-Prozesse ist eine aussagekräftige, direkte und währungssensitive Liquiditätsplanung, die weitgehend automatisiert sein sollte. Bislang nutzte das Unternehmen „Reval“ als Tool für die Liquiditätsplanung. Es hatte sich allerdings einerseits als zu kompliziert und unflexibel in der Konzeption erwiesen und erfüllte andererseits nicht alle Anforderungen. Der Interim Manager führte daher eine neue Liquiditätsplanung mit der dafür spezialisierten Websoftware „TIPCO“ mit ein. Innerhalb von nur sechs Monaten integrierte er zusammen mit dem zwischenzeitlich wieder auf zwei Vollzeitkräfte ausgebauten Team alle relevanten Daten in das neue Tool (Gesellschaften, Banken, Bankkonten, Kreditlinien und alle das Working Capital beeinflussenden Konten). Mit den nun zur Verfügung stehenden hochgranularen Daten war das Unternehmen in der Lage, nebst einer transparenten Liquiditätsprognose auch die externen und internen Währungsrisiken zusammenfassend zu analysieren, die Basis für ein neues Group Netting aufzustellen und die Gruppenliquidität weitgehend in Cross-Border Cash Pools zu zentralisieren.
Hedge Accounting nach IFRS 9 verringert Volatilität der Sicherungsgeschäfte
In einem weiteren Teilprojekt betraute der Group CFO das Group Treasury damit, die Ergebnisvolatilität von Sicherungsgeschäften deutlich zu vermindern. Der Konzern bilanziert nach IFRS. Das erforderte es, IFRS 9 als Nachfolger von IAS 39 einzuführen – mit all den komplexen und umfassenden Einzelheiten wie Effektivtests und revisionssicheren Buchungen.
Für die Umstellung erstellte der Interim Treasurer ein Excel-Testmodul, in dem er die Hedge-Accounting-Prozesse modellierte, um den perfekten Lösungsweg herauszufinden. Dabei bewältigte er die Herausforderung, die sich ständig ändernden Underlyings in Höhe und Zeitpunkt der Fälligkeit genau zu erfassen und die Rezyklierung der Derivate sicherzustellen. Nach Abschluss der Testphase konnte er das Projekt in den Permanentprozess überführen.
Zu diesem Zeitpunkt war die Treasury-IT noch in einer Übergangsphase von Reval und weiteren Systemen zu einem einheitlichen SAP-Standard. Daher übermittelte der Interim Manager die komplexen Buchungssätze mittels direkter Buchungsanweisungen inklusive Erläuterungen monatlich an das Group Accounting.
Hohe dezentrale Zahlungsverkehrskosten identifiziert und erheblich gesenkt
Im Zuge der Transformation des Treasury Managements erstellte der Interim Treasurer außerdem eine detaillierte Auswertung aller Zahlungen in allen Währungen bei allen Banken. Das Resultat war ernüchternd. Jede Ländergesellschaft hatte eigene dezentrale Prozesse und führte Zahlungen so aus, wie sie es für angebracht hielt. Das führte oftmals zu hohen sichtbaren und unsichtbaren Kosten. Sichtbar waren die direkten Bankspesen, die (wenn überhaupt) dezentral verhandelt wurden. Weitgehend unsichtbar blieben die mitunter äußerst hohen Wechselkurskosten, wenn zum Beispiel eine Zahlung in US-Dollar von einem Euro-Konto ausgelöst wurde.
Um Transparenz zu schaffen und Kosten zu senken, vereinheitlichte der Interim Treasurer die Zahlungsprozesse weitgehend mit dem externen spezialisierten Provider „Fides Treasury Services“. Alle möglichen Zahlungen sind nunmehr über einen zentralen Hub standardisiert und mit Flatrates ausgestattet. Daraus resultieren eine deutliche Steigerung der Zahlungsgenauigkeit, eine Reduzierung der dezentralen Kosten und eine sehr hohe Transparenz sämtlicher physischer Zahlungsströme.
Erteilung eines SWIFT-Kennungscodes erfolgreich vorbereitet
SWIFT ist das weltweit größte Bankenkommunikationssystem. Es steht nicht nur Banken offen, sondern auch großen Unternehmen. Die Mitgliedschaft erleichtert den Zahlungsverkehr. Um in das SWIFT-System aufgenommen zu werden, sind allerdings erhebliche Vorarbeiten zu leisten.
Da dem Auftraggeber des Interim Treasurers insbesondere durch wiederkehrende Know-Your-Customer-Prozesse (KYC-Prozesse) hohe Aufwände entstanden, entschloss sich das Unternehmen, dem SWIFT-System beizutreten. In einem neuen Teilprojekt wurde der Interim Manager damit betraut, die komplizierten Vorarbeiten für die Beantragung des SWIFT-Kennungscodes (BIC) zu leisten. Mit dem SWIFT-Kennungscode ist das Unternehmen nunmehr in der Lage, die von den Banken geforderten Informationen auf Abruf und ohne weitere Prüfung zur Verfügung zu stellen.
Digitale Transformation: Wechsel des Treasury Management Systems zu SAP TR
Nachdem der Interim Manager mit den internen Teams und externen Dienstleistern die Treasury-Prozesse erfolgreich harmonisiert hatte, konnte das größte Teilprojekt in Angriff genommen werden: der Umzug des alten Treasury-Management-Systems und der neuen Komponenten auf SAP TR. In enger Zusammenarbeit mit einem auf solche Migrationen spezialisierten Dienstleister gelang es dem Interim Manager, innerhalb von nur neun Monaten sämtliche Einzelprozesse noch einmal zu verifizieren und Stück für Stück mit SAP Treasury zu verbinden.
Unternehmen verfügt über effizientes und kostengünstiges Treasury Management
Nach insgesamt mehr als fünf Jahren mit immer wieder neuen Projekten verfügt das Unternehmen nunmehr weltweit über ein effizientes und kostengünstiges Treasury Management sowie eine zuverlässige Liquiditätsplanung. Die Einsparungen im Treasury Management belaufen sich auf gut 1,5 Millionen Schweizer Franken pro Jahr. Mit verhältnismäßig bescheidenen Projektinvestitionen liefert das Projekt eine Internal Rate of Return (IRR) von mehr als 100 Prozent.
Die Harmonisierung der Prozesse und die gemeinsame Arbeit der zahlreichen Stakeholder in den unterschiedlichsten Bereichen des Finanz- und IT-Managements haben außerdem stark dazu beigetragen, das weltweite Teamwork deutlich zu verbessern und das Silodenken von Ländergesellschaften und Abteilungen abzubauen.