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EXPERTENBERATUNG

Wie können Unternehmen KI-Anwendungsfälle identifizieren?

KI-Anwendungen können ein Wettbewerbsvorteil sein. Aber deren Implementierung scheitert oft daran, dass es keinen passenden Use Case gibt. Das kostet Zeit und Geld.

Experte für komplexe IT-Projekte und Datenintegration

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  • Leiter komplexer IT-Projekte (Schwerpunkt Logistik und Lieferketten)
  • Datenintegration (Big Data) durch Künstliche Intelligenz (KI)
  • Transformation: agiles, klassisches und hybrides IT-Projektmanagement
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Der Einsatz künstlicher Intelligenz kann Wachstum generieren, doch KI-Projekte ähneln allzu oft dem berühmten Hammer, bei dessen Gebrauch plötzlich alles zu einem Nagel wird: Häufig wird nämlich im Vorfeld nur unzureichend geklärt, ob der Einsatz in diesem Fall überhaupt sinnvoll ist – manchmal nicht einmal, ob eine ausreichende Datengrundlage gegeben ist. Um die KI-Anwendungsfälle zu identifizieren, die zu profitablen Use Cases führen, braucht es

  • ein Verständnis für die eigenen Daten,
  • die Einbeziehung möglichst vieler Unternehmensbereiche sowie
  • eine iterative Arbeitsweise mit kleinen Sprints.

Demnach kommt es darauf an, die nachfolgend aufgeführten Schritte in möglichst kurzen Iterationen mit möglichst frühen Rückmeldungen zu durchlaufen.
 

1. Identifizieren Sie Datenquellen.

Der erste Schritt besteht in der Identifizierung der richtigen Daten für die vorgesehene KI-Anwendung. Daten sind die Grundlage von wertstiftenden Use Cases in allen Bereichen der Künstlichen Intelligenz.

Aber Unternehmen sind sich oft nicht bewusst, welche Daten sie haben. In vielen Fällen ist nicht einmal ein Datenverzeichnis vorhanden. Dann ist das Vorhaben einer Identifizierung der richtigen Daten eine gute Gelegenheit, um mit dem Aufbau eines umfassenden Datenverzeichnis zu beginnen.

Bei der Identifizierung der Datenquellen sind zum einen interne Quellen zu nutzen, die im Unternehmen liegen. Dabei sollte man nicht damit rechnen, dass diese internen Quellen sich entlang der einzelnen Abteilungen und Unternehmensteilen identifizieren lassen. Denn Daten zu einem bestimmten Bereich liegen oft in den verschiedensten Systemen verteilt. So fallen Kundendaten zunächst in den Verantwortungsbereich des Vertriebs. Dessen erste Anlaufstelle ist das CRM-System. Doch daneben wird es weitere Quellen geben, die nicht in der Obhut von Sales liegen.

Bei der Identifizierung der Datenquellen sollten zum anderen auch externen Quellen berücksichtigt werden, die sich der Kontrolle des Unternehmens entziehen. Dazu gehören soziale Netzwerke wie LinkedIn oder X. Denn die vorhandenen Kundendaten mit den Aktivitäten der Kunden auf LinkedIn oder X zu ergänzen, kann die Kundendatenbasis um wertvolle Einblicke erweitern.

Eine weitere potenzielle Quelle externer Daten können auch Sensor- oder Trackingdaten aus dem Internet of Things (IoT) sein. Solche Daten geben nicht nur wertvolle Hinweise zu Abläufen in Prozessen, sondern m Rahmen der sogenannten Predicted Maintenance auch zum Zustand der wartungsintensiven Teile innerhalb der Produktion.

Übrigens kann bei diesem ersten Schritt mit schlanken Lösungen wie Power BI bereits eine erste Voranalyse der Daten erfolgen, um eine Indikation bezüglich der Qualität und Vollständigkeit der Daten sowie möglicher Varianzen zu bekommen.
 

2. Priorisieren Sie Ihre Daten.

KI-Anwendungen lohnen sich nur, wenn die Datenbasis Muster mit diesen beiden Merkmalen enthält:

  1. Die Muster sind für Klassifizierungen oder Vorhersagen nutzbar, doch
  2. sie lassen sich mit Fachwissen allein nicht identifizieren.

Um das Potenzial der eigenen Daten wertstiftend zu nutzen, sind daher Daten mit diesen Merkmalen zu identifizieren und entsprechend zu priorisieren. Dieser Schritt ist grundlegend: Die Identifizierung und Priorisierung reduziert das Risiko, unnötig Aufwand in die Datenkonsolidierung, Datenaufbereitung, Datenanreicherung und das Training des Modells zu stecken. Damit erhöht er die Erfolgswahrscheinlichkeit der nächsten Schritte.
 

3. Bestimmen Sie Use Cases.

Mit der Identifizierung relevanter Datenquellen, dem Anlegen eines Datenverzeichnisses und der Priorisierung von Daten sind die Grundlagen für KI-Anwendungen geschaffen. Jetzt kann man sich möglichen Use Cases zuwenden.

Dies sollte zusammen mit den Experten aus den jeweiligen Fachbereichen im Unternehmen geschehen.
Denn im Austausch mit den Fachleuten entstehen oft neue Ideen für Use Cases, die man noch nicht im Blick hatte. Vor allem aber wissen Experten aus den Fachbereichen genau, welche Schlüsse aus ihren Daten gezogen werden könnten. Und das sind Informationen, mit denen man seine Pläne für KI-Anwendungen konkretisieren, ergänzen und nicht zuletzt validieren kann.
 

4. Bereinigen Sie die Daten und reichern Sie diese an.

Auch, wenn man nun die Daten hat, deren automatisierte Analyse sich lohnt: Die Daten liegen in der Regel erst in einer Rohform vor. DAs heißt, die Daten sind zur weiteren Bearbeitung zu bereinigen und gegebenenfalls um bestimmte Tags anzureichern. Dieser Prozess startet idealerweise mit einem möglichst kleinen Datenausschnitt. „Klein“ meint hier nicht das Volumen der Daten, sondern die Dimensionen der Attribute: Je weniger Attribute für den ersten Schritt benötigt werden, desto weniger aufwändig ist die Bereinigung und Anreicherung der verschiedenen Datenattribute. Weitere Attribute können dann in späteren Schritten sukzessive ergänzt werden.

Dieses Vorgehen hat zwei Vorteile:

  1. Es minimiert den Aufwand, der für die Datenbereinigung zu betreiben ist – und damit letztlich auch die Risiken. Doch es könnte sich später immer noch herausstellen, dass die Daten nicht den erhofften Wert haben.
  2. Die Wirkung der Attribute auf das Ergebnis lässt sich durch das iterative Vorgehen viel besser einschätzen.

Sind die Daten unstrukturiert, muss man diese vor der weiteren Verarbeitung mit Tags anreichern. Paradigmatisch dafür ist für Menschen geschriebener Text. Hilfreich sind dann Methoden aus dem Feld des Natural Language Processings (NLP). Hier nehmen Open-Source-Lösungen, wie etwa SpaCy, bereits einen großen Teil der Arbeit ab, indem sie in Prozess-Pipelines einen Text bereinigen, segmentieren und mit Tags anreichern.
 

5. Bereiten Sie die Daten für eine maschinelle Analyse auf.

Auch bereinigte und mit Tags angereicherte Daten müssen für die maschinelle Analyse – etwa durch neuronale Netze – meist noch optimiert werden. Bilddaten werden zum Beispiel nicht einfach eins zu eins in ein KI-Modell gekippt. Sie werden vorher so aufbereitet, dass das Modell bestimmte Merkmale besser erkennen kann. Damit wird etwa die Herausforderung adressiert, dass Objekte an unterschiedlicher Position in einem Bild auftauchen können. Hier muss verhindert werden, dass die Position des Objekts Einfluss auf das Ergebnis hat.

Für die Aufbereitung haben sich je nach Anwendungsfeld – Bildbearbeitung, Spracherkennung oder etwas anderes – unterschiedliche Vorgehensweisen etabliert. Bei Unternehmensdaten heißt das insbesondere: herauszufinden, welche Aspekte für den Anwendungsfall relevant sind, und die entsprechenden Daten für die Mustererkennung vorzubereiten. Oft kann es notwendig sein, in einem ersten Schritt ein Dictionary mit unternehmensspezifischen Begriffen und/oder Bedeutungen zu erstellen. Diese Begriffswelt kann man dann heranziehen, um ein vorgefertigtes, meist auf freien Quellen wie Texten aus dem Web basierendes NLP-Modell zu spezialisieren.
 

6. Erstellen Sie ein passendes Modell.

Kern einer KI-Anwendung ist ein auf den jeweiligen Anwendungsfall zugeschnittenes Modell. Dieses Modell enthält die Muster, die für Klassifizierungen oder Vorhersagen genutzt werden. Die Implementierung einer KI-Anwendung unterscheidet sich daher von der klassischen Programmierung: Statt Geschäftsregeln in Algorithmen umzusetzen, werden passende Modelle erstellt.

Der erste Schritt dabei ist die Wahl einer geeigneten Architektur für das Modell. Genauso, wie sich die Architektur für ein Bahnhofsgebäude von einem Opernhaus unterscheidet, unterscheiden sich auch die Architekturen von KI-Modellen je nach Anwendungsgebiet. Ein Modell für die Bilderkennung braucht eine andere Architektur als das für die Spracherkennung.

Der zweite Schritt besteht darin, das Modell optimal zu konfigurieren und zu trainieren. Da es dabei einen hohen Anteil von Trial-and-Error-Schleifen gibt, ist es wichtig, den Entwicklungsprozess möglichst schlank zu gestalten. Als eine Technologie für die Entwicklung von KI-Anwendungen wird oft die Programmiersprache Python mit ihren gut dokumentierten Bibliotheken in den Bereichen Datenverarbeitung, Statistik, neuronale Netze und Visualisierung genutzt. Wichtig zu wissen: Sobald ein Modell erfolgreich trainiert wurde, kann es in nahezu jeder beliebigen Technologie integriert werden.
 

7. Optimieren Sie das KI-Modell mit Expertenwissen.

Falls die Leistung des trainierten KI-Modell den Anforderungen noch nicht entspricht, kann man es mit dem Fachwissen von Experten weiter optimieren. Das geschieht häufig nach dem Prinzip des bestärkenden Lernens. Die Korrektheit einer Klassifizierung oder Vorhersage wird positiv oder negativ bewertet und das Modell entsprechend angepasst. Sind Experten involviert, sieht das folgendermaßen aus:

  1. Das System erstellt probeweise Klassifizierungen oder Vorhersagen.
  2. Fachexperten bewerten deren Korrektheit.
  3. Das Modell wird anhand des direkten Feedbacks angepasst.
  4. Dieses Prozedere wird wiederholt, bis das System die Anforderungen erfüllt.
     

8. Nutzen Sie Erfahrungen aus dem produktiven Betrieb.

Die Optimierung ist mit der produktiven Einführung noch nicht vorbei: Zieht man Erfahrungen aus dem produktiven Betrieb heran, lässt sich das KI-System auch nach seiner Einführung noch weiter optimieren. So kann man die Daten iterativ um weitere relevante Attribute ergänzen und anhand der bestehenden produktiven Daten automatisiert prüfen, ob diese Ergänzung das System verbessert. Auf diese Weise kommt man mit jeder Iteration einem optimalen Modell näher.
 

Fazit: Ohne Daten ist alles nichts

Für wertstiftende KI-Anwendungen ist ein Verständnis für die eigenen Daten essenziell. Dazu muss man

  • in mehreren Durchgängen und
  • mit der Unterstützung von Experten aus möglichst vielen Unternehmensbereichen
  • relevante Daten identifizieren, aufbereiten und ergänzen.

Wer KI-Projekte als Marathonläufe angeht, läuft Gefahr, unterwegs aus der Puste zu kommen.
Aussichtsreicher ist es, solche Projekte als Staffellauf mit kleinen Sprints zu planen: Ein iterativer Ansatz führt schneller zu neuen Erkenntnissen und hat eine erfahrungsgemäß höhere Erfolgsquote.

So werden KI-Anwendungen zu einem Wettbewerbsvorteil.

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Erstellt von Gastautor

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