1. Stellen Sie sicher, dass alle das Produkt und die Organisation betreffenden Kosten bekannt und richtig zugeordnet sind.
Unabdingbar ist zunächst, die bestehenden Controlling-Daten zu prüfen und gegebenenfalls zu hinterfragen:
- Welche Kosten fallen seitens der Organisation an?
- Wie werden diese umgelegt?
- Wie aktuell sind diese Daten und woher stammen sie?
Umlagen werden nämlich häufig einfach aus den Vorjahren übernommen und angepasst. Hat sich aber zwischenzeitlich zum Beispiel der Umsatz verändert, sind die Daten veraltet und nicht mehr relevant. Wichtig ist auch, die absolute Höhe und tatsächliche Zuordnung der Umlagen zu hinterfragen und im Benchmark zu vergleichen. Weichen die Kosten zu stark von den Vergleichswerten ab, besteht Handlungsbedarf, der meist die Organisation als Ganze betrifft. Welche Handlungsfelder das im Einzelnen sind, lässt sich oft schon an dieser Stelle schnell erkennen.
2. Schaffen Sie Kostentransparenz für Ihre Produkte.
Nachdem die Umlagen oder Overheads geprüft und analysiert sind, stellt sich eine interessante Frage: Wie sieht es mit der Kostentransparenz auf Produktebene aus? Zur Erfassung der Kostentransparenz auf Produktebene bietet sich in der Regel eine detaillierte Produktkostenkalkulation an – möglicherweise von einen externem Dienstleister durchgeführt –, die ebenfalls schon einen Vergleich zu den wesentlichen Wettbewerbern ermöglicht oder Vergleiche zu anderen Produktionsländern erlaubt. Hier ist keine Genauigkeit auf Bauteilebene wichtig, aber mindestens auf Modulebene sollten die Kosten bekannt sein – ebenso, welche Umlagen das Produkt betreffen und in welcher Höhe sie das tun.
So lassen sich anhand weniger zentraler Produkte eines Unternehmens schnell Einsparpotenziale und damit Handlungsfelder erkennen, die auf das gesamte Produktportfolio abzuleiten sind. Dabei sollte zumindest die klassische Zuschlagskalkulation transparent sein. Denn das ermöglicht eine spätere Analyse der Material- und Montagekosten sowie der der für das Produkt relevanten Umlagen und Kosten für Entwicklung, Test, Qualität oder Nacharbeit. Am Ende ist natürlich auch der Vergleich mit den Zielkosten auf Modulebene interessant. Die Frage, die sich bei Abweichungen stellt, lautet: Wurden die Abweichungen bisher erkannt? Und wie wurde dann damit umgegangen? Oder gibt es auf Modulebene gar keinen Zielkostenprozess in Ihrem Unternehmen?
3. Identifizieren Sie die wesentlichen Kostentreiber Ihrer Produkte.
Ist klar, welche Bestandteile und Funktionen die Fixkosten Ihres Produkts in die Höhe treiben, und woher sie stammen? Meist sind diese Informationen im Unternehmen bereits vorhanden und in den beteiligten Bereichen und Abteilungen wie Konstruktion, Einkauf, Montage oder Qualitätssicherung bekannt. Dann müssen sie nur gezielt gesammelt und strukturiert zusammengestellt werden. Falls Sie noch nicht alle Kostentreiber identifiziert haben, lohnt sich ein Blick auf Design- oder Vertriebsvorgaben. Hier finden sich sehr oft Faktoren, die einen erheblichen Teil der Fixkosten und Ausgaben ausmachen, aber von der Konstruktion und den Lieferanten umgesetzt werden, ohne dass sie hinterfragt werden.
4. Wählen Sie aus den Anforderungen Ihrer Kunden nur die wirklich benötigten aus.
Eine zentrale Fragestellung bei der Produktkostenoptimierung ist immer:
- Kenne ich die Anforderungen meiner Kunden genau?
- Und wie werden diese in den Produkten im Vergleich zum Wettbewerb konstruktiv umgesetzt?
Gerade bei Produkten, die frühere Versionen weiterentwickeln oder auf Varianten aufsetzen, schleichen sich gerne konstruktive Merkmale ein, die Geld kosten, aber keinen Vorteil haben, weil der Kunde sie nicht erlebt. Häufig wird hier von Modulansätzen gesprochen, die aber in Wirklichkeit keine sind. Schließlich wurde nur versucht, möglichst viele Grundfunktionen in eine Basisvariante aufzunehmen. Doch genau das ist der falsche Weg, der die Kosten dieser Basisvariante erhöht.
5. Setzen Sie eine funktionsbasierte Entwicklung um.
Damit nun genau eine kostenoptimale Produktentwicklung möglich ist, sollten die Module nach ihren Funktionen, deren Umsetzung und den Mehrwert für den Kunden betrachtet werden. Der zuvor erwähnte Zielkostenprozess sollte hierbei nun ebenfalls betrachtet werden.
Ein einfaches Beispiel: Wie viel darf die Funktion „Gehäuse“ kosten? Und was soll sie beinhalten? Die größten Anteile des Funktionsbetrags eines Gehäuses sind sicherlich Stabilität und der Schutz innenliegender Bauteile. Wenn außerdem das Design relevant ist, kommt dieser Aspekt natürlich noch hinzu. Nun gilt es, im Zielkostenprozess aus Vertriebssicht zu ermitteln: Wie viel ist der Kunde bereit, für das Gehäuse zu zahlen? Das muss dann die Kostenvorgabe sein, innerhalb derer die Konstruktion eine passende Lösung finden muss.
Dieses Vorgehen ist für alle Module des Produkts umzusetzen, wobei noch eine weitere Fragestellung zu berücksichtigen ist: Welche Merkmale benötigt der Kunde („must have“)? Und welche sind bloß Zusatz („nice to have“)? Die Nice-to-Have-Merkmale oder -Funktionen sind dann zu eliminieren oder – man denke hier an den Autokauf – als Sonderausstattungen gegen gutes Geld zu vermarkten.
Es wird in der Praxis natürlich nicht für alle Module eines Produkts möglich sein, die Zielkosten aus Kundensicht zu bewerten. Hier muss dann zusammen mit den Bereichen Vertrieb, Konstruktion und Controlling ein pragmatischer Weg gefunden werden, um die Kosten aufzuteilen und später zu verfolgen. Zielkosten ohne Zielkostencontrolling sind leider wirkungslos.
6. Prüfen Sie weitere Kosteneinsparungen in der Konstruktion.
In der Konstruktion werden bekanntlich die Weichen für die Kosten eines Produkts gestellt. Wie schon zuvor beschrieben, ist es sehr wichtig, der Konstruktion klar vorzugeben, was zu welchen Kosten zu entwickeln ist. Wünscht etwa der Vertrieb einen edlen Schriftzug, wird dies entsprechend umgesetzt. Der Konstruktion darf man die höheren Kosten dann nicht zum Vorwurf machen. Somit ist die Angabe der Zielkosten für das gewünschte Modul – oder besser: die gewünschte Funktion – sehr wichtig.
Neben den Kostenvorgaben sind weitere Fragestellungen im Bereich der Optimierung von Produktkosten zu betrachten. Dazu zählen:
- Wie werden technische Optimierungen erarbeitet und sind die Kostentreiber bekannt?
- Wie professionell ist die Konstruktion? Was sollte sinnvollerweise extern zugekauft werden?
- Wo liegen die Stärken und die Schwächen der Technologie?
- Wie gut werden neue Innovationen verfolgt und in der Entwicklung eingesetzt?
- Wie gut ist das Kostenverständnis in der Konstruktionsabteilung ausgeprägt?
- Inwieweit wird das Know-how der Lieferanten in die Entwicklungsphase eingebunden? Wird die Montierbarkeit in der Montage berücksichtigt?
7. Setzen Sie einen Zielkostenprozess auf.
Die Grundlage einer jeden Kostenoptimierung ist neben der Kostentransparenz und dem Verständnis der Kostenzusammensetzung ein geeigneter Zielkostenprozess im Unternehmen. Die Ableitung der Zielkosten sollte immer aus Sicht des Vertriebs und unter Einbeziehung der Unternehmensvorgaben hinsichtlich des anzustrebenden Gewinns geschehen. Die Einhaltung der Zielkosten ist dann über einen geeigneten Prozess im Unternehmen ständig zu überwachen. Kommen Abweichungen vor, sind deren Ursachen zu ermitteln und geeignete Gegenmaßnahmen abzuleiten.
Wichtig ist, beim ersten Aufsetzen eines Zielkosten-Monitorings wirklich alle Unternehmensumlagen auf den Tisch zu legen und mit marktüblichen Sätzen zu vergleichen: Bei Abweichungen sind die Umlagen zu hinterfragen und gegebenenfalls Optimierungen und weitere Einsparpotenziale abzuleiten.
8. Professionalisieren Sie den Einkauf.
Dem Einkauf wird bekanntlich bei jeder Kostenoptimierung eine zentrale Rolle zugesprochen. Und das ist richtig – vorausgesetzt, die oben genannten Rahmenbedingungen wurden analysiert und geklärt. Der Einkauf kann nur das bestmöglich umsetzen, was er von der Konstruktion vorgegeben bekommt. Die Einbindung in die Produktentwicklung ist hierbei sehr wichtig: Der Einkäufer sollte nicht die Entwicklung unterstützen, sondern mit dem Entwickler wichtige Informationen zu den Lieferanten und deren technischen Möglichkeiten abstimmen.
Möglicherweise sind auch Lieferanten zu wechseln, wenn sie die Anforderungen der Technik nicht erfüllen können. Oder der Technik sind Grenzen vorzugeben, innerhalb derer sie ihre technischen Anforderungen stellen kann. Am Ende ist ein Einklang zwischen Konstruktion und Lieferant herzustellen. Dann stehen die zwei wichtigsten Themen, die direkt den Einkauf betreffen, an: Kostentransparenz gegenüber den Lieferanten schaffen und ein geeignetes Lieferantenmanagement aufbauen.
Kostentransparenz gegenüber den Lieferanten schaffen
Die Kostentransparenz stellt auch für den Einkauf die zentrale Basis jeglicher Einsparung dar. Es muss eine geeignete und ausreichende Transparenz der Ausgaben für die zugekauften Teile und Dienstleistungen vorliegen und in den Verhandlungen für die späteren Rahmenverträge oder Beauftragungen festgehalten werden. Auch bei kleinen Stückzahlen und hoher Varianz ist es möglich, eine Grundtransparenz zu schaffen. Eine Vergabe sollte jedenfalls nie ohne eine Kostendetaillierung erfolgen, zumal diese immer auch als Grundlage für spätere Änderungen dient.
Idealerweise werden auch die Mitarbeitenden der Entwicklungsabteilung in diesen Prozess einbezogen: Zum einen, um sie mit den Daten für eine kostenoptimale technische Auslegung auszustatten, und zum anderen, um auch sie für die Plausibilisierung der Kosten und Ausgaben heranzuziehen. Die Einkäufer sind durch entsprechende Schulungen oder externen Support zu unterstützen: Der Einkäufer muss in der Lage sein, die Verhandlung zu gestalten, indem er dem Lieferanten oder Anbieter erläutert, wo das Angebot von den von ihm ermittelten Kosten abweicht. Zumindest muss der Einkäufer herleiten können, warum das Angebot aus seiner Sicht nicht plausibel ist. Die Aussage „Drei Prozent oder fünf Prozent in der Verhandlung gehen immer“ sollte aus dem Mindset eliminiert werden. Dies rechnen Lieferanten und Anbieter ohnehin immer in Angebote als Verhandlungsspielraum ein. Das ist keine wirkliche Einsparung, sondern nur ein Appetithäppchen für den Einkäufer.
Geeignetes Lieferantenmanagement aufbauen
Um den Einkäufern nun auch die notwendige Zeit für Verhandlungen und die Plausibilisierung von Kosten und Ausgaben zu verschaffen, ist ein geeignetes Lieferantenmanagement wichtig. Häufig besteht die Aufgabe des Einkäufers eher darin, eine Art „Jäger“ zu sein, weil die Rahmenbedingungen für die zeitgerechte Beschaffung der Teile nicht gegeben sind. Daher kann ich an dieser Stelle nur raten, dem Lieferantenmanagement unbedingt einen wichtigen Stellenwert einzuräumen:
Jeder Einkäufer sollte seinen Lieferanten kennen, also
- mindestens einmal vor Ort gewesen sein,
- alle primären Punkte zur Beschaffung wie Wiederbeschaffungszeiten, Risikobetrachtung und Produktionsprozess kennen sowie
- mittels einer geeigneten Lieferantenbewertung Handlungsbedarf erkennen und mit dem Lieferanten zusammen gegebenenfalls Maßnahmen vereinbaren können.
Ein bloßes Audit von Mitarbeitenden aus dem Bereich Qualitätssicherung reicht hierzu übrigens nicht aus.
Rahmenvertrag abschließen
Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Schaffung von Kostentransparenz und dem Lieferantenmanagement sollten in einen umfassenden Rahmenvertrag münden. Dieser dient als Grundlage, um in Zukunft den Bestellprozess, die Teilverfügbarkeit und natürlich die Kosten zu optimieren.
9. Nutzen Sie die Erkenntnisse für eine Optimierung Ihrer Prozesse und Organisation.
Nachdem Sie anhand einiger zentraler Produkte ihres Unternehmens sowohl produktbezogen als auch übergreifend die Handlungsfelder ermittelt haben, sollten Sie diese Erkenntnisse nutzen, um Optimierungen unternehmensweit zu initiieren. Hierbei ist es zunächst einmal sehr wichtig, Barrieren zwischen den Abteilungen und verschiedenen Bereichen zu erkennen. Denn die Wechselwirkungen an den Schnittstellen sind für das Gelingen einer Optimierung meist ausschlaggebend.
Außerdem sollten Sie darauf achten, Optimierungen, die eigentlich auf die Organisation als Ganze zielen, nicht nur auf einzelne Schnittstellen oder Bereiche zu beziehen. Eine singuläre Betrachtung würde weder Kosten optimieren noch Einsparpotenziale ausschöpfen. Deshalb ist der Ansatz „Wir machen ein Einkaufsprojekt, um die Kosten deutlich zu senken“ in den meisten Fällen, wie soeben beschrieben, verfehlt.