1. Wenn das Produktportfolio besser skalierbar sein soll
Wer im Sinne einer Expansion mit seinen Produkten wachsen möchte, braucht ein einfach skalierbares Geschäftsmodell, welches nicht durch lokale Beschränkungen gehemmt wird.
Gewachsene Strukturen sind häufig dadurch gekennzeichnet, dass Produktentwicklung, Testing, Produktion und Distribution aus einem Werk heraus erfolgen. Oftmals aus einem Prototypen-Labor entstanden, stoßen diese Strukturen oder Produktionsfaktoren an ihre Grenzen und lassen sich nur schwer skalieren. Das Produktportfolio aus einer bestehenden Produktionsstätte heraus zu erweitern, kann bei steigender Kundennachfrage zu einer Herausforderung werden – insbesondere, wenn neben strukturellen Problemen zusätzliche Einschränkungen hinsichtlich Personal oder Platzbedarf gegeben sind.
Im Fall von Großserienproduktionen kommen Unternehmen nicht um eine Verlagerung von Teilen ihrer Firmenkultur, der Netzwerke, Prozesse oder des Anlagen-Know-hows hin. Gerade hier zählt diejenige Software oder Brainware, die nicht nur mit Einsen und Nullen ausgedrückt werden kann. So kann im Zielland häufig eine Besser-als-Original-Kopie aufgebaut werden, bei der die am bisherigen Werksstandort gegebenen Produktionseinschränkungen entfallen. Ein weiterer Vorteil sind die mit einer modernen Produktionsanlage in der Regel verbundenen geringeren Herstellkosten, die helfen, die mit dem Aufbau des Standorts verbundenen Investitionen schneller zu amortisieren.
2. Wenn Sie mit Marktbegleitern gleichziehen wollen
Die um die Kundengunst werbenden Unternehmen und Betriebe stellen mitunter fest, dass Wettbewerber ein neues Werk eröffnen und so einen Sprung nach vorne machen wollen. Wenn die Entfernung der Wettbewerber zu den lokalen Kunden kürzer geworden ist, kann dies ein guter Grund sein, nachzuziehen – im wahrsten Sinne des Wortes – und die Produktion entsprechend zu verlagern.
Vielfach zeigt die Erfahrung auch, dass Unternehmen an neuen Produktionsstätten weitere Wachstumschancen generieren können, die zuvor unbekannt waren und nur durch die Markterschließung und das erfolgreiches Netzwerken vor Ort erkannt und genutzt werden können. Ein weiteres Fertigungs-Standbein in Kundennähe aufzubauen, bietet somit Verankerungsvorteile und vermeidet mögliche Wettbewerbsnachteile.
Zudem lassen sich länderspezifische Produkte in den jeweiligen Zielländern oft kostengünstiger herstellen und vermarkten. Dabei lassen sich die Lieferfähigkeit und Liefersicherheit durch kürzere Logistikwege zum Kunden hin erhöhen. Gleichzeitig können sich durch eine Produktionsverlagerung ins Ausland die Risiken reduzieren, welche lange Lieferketten mit vielen Zulieferern mit sich bringen.
3. Wenn Sie Steuervorteile nutzen wollen
Warum sind viele Internetkonzerne wie Meta und Alphabet in Irland ansässig? Sie fühlen sich dort kulturell verbunden und haben sprachlich keine Probleme, möchten aber auch Kostenvorteile nutzen, die Irland bietet, etwa geringere Lohn- und Einkommenssteuern. Andere Länder der Europäischen Union können da nicht mithalten, zumal die Komplexität und Transparenz ihrer Entscheidungsprozesse nicht hinreichend wettbewerbsfähig ist. Strukturelle Details wie Abgaben, Abschreibungsdauern und Lohnkosten spielen eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Wer aus Deutschland in die Schweiz verlagert, hat deutlich weniger Steuern bei der Firmenübergabe an Nachfolger zu entrichten. Ein Beispiel ist die erheblich geringere Erbschaftssteuer.
Weiterhin gibt es auch Länder, in denen sich die Investitions- und Standortbedingungen positiv verändern, zum Beispiel, indem die Komplexität der Bürokratie und ähnliche Hemmnisse abgebaut werden, die Ansiedlung in Zollfreigebieten ermöglicht wird oder weitere Investitionsreize geboten werden. Steuerliche Motive, also von Staaten geförderte Programme, die sich positiv auf die Rendite auswirken, können einer der wichtigeren Faktoren für eine Verlagerung der Produktion ins Ausland sein.
4. Wenn Sie mit hohen Energiekosten zu kämpfen haben
Deutschland hat in mancherlei Hinsicht eine Vorreiter-Rolle. Aber die oft vorbildliche Gesetzgebung in Bezug auf Umweltaspekte können Unternehmen und Betriebe leider nicht immer zeitnah oder teilweise gar nicht umsetzen, ohne ihre Position im internationalen Wettbewerb zu verlieren. Beispielhaft genannt seien hier Aluminiumproduzenten oder andere energieintensive Grundstoffindustrie-Hersteller, die in der Produktion mit den durch die EEG-Umlage massiv gestiegenen Energiekosten zu kämpfen haben.
Auch stetig erhöhte Umweltschutzauflagen stellen Stressoren für einzelne Betriebe, Unternehmen oder ganze Branchen dar. Vielfach lassen sich Betriebskostensteigerungen, verursacht durch hohe Klimaschutzstandards, nicht an die Kunden weiterreichen, da Wettbewerber in Regionen mit geringeren Auflagen zu niedrigeren Kosten produzieren können.
Wegen des Preisdrucks steht die Firma dann vor einem großen Dilemma – insbesondere, wenn die Nachteile nicht anderweitig kompensierbar sind, wie etwa durch Qualitätsvorteile des eigenen Produkts. Um den Kunden nicht zu verlieren, erwägen sie eine Produktionsverlagerung in ein Zielland mit weniger strengen Umweltauflagen.
5. Wenn Sie Zugang zu Know-how brauchen
In der Vergangenheit wurden Produkte häufig mit Rücksicht auf die günstigsten Lohnkosten entwickelt und lokalisiert. Spannende Software-Projekte lassen sich jedoch aufgrund der Demografie und der im Ausland – zum Beispiel in bestimmten Teilen Osteuropas – inzwischen oft besser verfügbaren Anzahl an gut oder bestens qualifizierten IT-Spezialisten oft schneller als in Deutschland oder Europa umsetzen. Schlagworte hier sind KI und IT. Wachstumschancen lassen sich häufig schneller in einem IT-Cluster in einem anderen Teil der Welt umsetzen.
Gerade wegen der Möglichkeit der virtuellen Zusammenarbeit im Software-Bereich – beschleunigt durch die Pandemie – spricht hier allerdings wenig für Produktionsverlagerungen ins Ausland und viel für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
Und doch bleibt beides eine Möglichkeit, die Rendite zu steigern.